Prozess um Massenschlägerei startet in Wien

 Jugendzentrum "Base 20" in der Engerthstraße
Jugendzentrum "Base 20" in der EngerthstraßeStanislav Jenis
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An der Schlägerei, die in eine Messerstecherei ausartete, sind laut Anklage 30 Afghanen beteiligt, die im Unterschied zu den rund 25 Tschetschenen bewaffnet zu dem Treffen vor dem Jugendzentrum "Base 20" erschienen.

Mit Anlaufschwierigkeiten hat am Freitag der Prozess um eine Massenschlägerei zwischen afghanischen und tschetschenischen Jugendlichen begonnen, die am 5. März 2016 vor einem Jugendzentrum in Wien-Brigittenau über die Bühne gegangen ist. Sieben Tschetschenen wurden dabei verletzt, drei davon schwer. Neun Afghanen und ein gebürtiger Sudanese müssen sich nun im Straflandesgericht verantworten.

Ehe die persönlichen Daten der Angeklagten im Alter zwischen 16 und 22 Jahren aufgenommen werden konnten, hieß es eineinhalb Stunden warten. Der vom Gericht geladene Dolmetscher sprach zwar Dari, aber nicht Paschtun. Ein Beschuldigter gehört allerdings dem Volksstamm der Paschtunen an. Als gegen 10.30 Uhr endlich der vom Gericht telefonisch angeforderte Dolmetsch eintraf, stellte sich heraus, dass dessen Deutschkenntnisse nicht besonders gut waren. Zwei oder drei Minuten mühte er sich ab, das Geburtsdatum des betreffenden Angeklagten ins Protokoll zu bringen. Jener bediente sich schließlich selbst der deutschen Sprache, der er - wie sich herausstellte - durchaus mächtig sein dürfte.

An der Schlägerei, die in eine Messerstecherei ausartete, waren laut Anklage zumindest 30 Afghanen beteiligt, die im Unterschied zu den rund 25 Tschetschenen bewaffnet zu dem Treffen vor dem Jugendzentrum "Base 20" in der Engerthstraße erschienen. Einige gingen mit Messern, Holzprügeln, Eisenstangen, Schraubenziehern, Ketten und Schlagringen auf die Gegner los, während die - an sich körperlich überlegenen - Tschetschenen mit Faustschlägen und Fußtritten entgegen hielten.

Verbales Scharmützel machte den Anfang

Staatsanwältin Viktoria Berente geht davon aus, dass die Afghanen sich bereits in Verletzungsabsicht zusammengerottet hatten. Deswegen kreidet sie allen zehn Angeklagten - ein elfter Verdächtiger ist unbekannten Aufenthalts, das Verfahren gegen ihn wurde zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen ausgeschieden - schwere gemeinschaftliche Gewalt an, wofür das Strafgesetzbuch bis zu zwei Jahre Haft vorsieht. Jenen drei Afghanen, die im Zuge der Tätlichkeiten zugestochen und die schweren Verletzungen verursacht haben sollen, haben überdies wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung gerade zu stehen.

Dass die Auseinandersetzung keine Menschenleben gekostet hat, grenzt beinahe an ein Wunder, wenn man sich die Befunde des Gerichtsmediziners vergegenwärtigt. Ein 18-jähriger Tschetschene ging demnach nach Stichwunden in Brust, Bauch und Leiste zu Boden. Er überlebte dank einer im UKH Meidling durchgeführten Notoperation. Einem 15-Jährigen wurde ebenfalls in die Brust gestochen, einem 17-Jährigen ins Gesäß, wobei der Stichkanal bis zur Beckenschaufel führte und Schlagaderäste verletzte. Ein weiterer Jugendlicher kassierte einen Stich in den Rücken, der knapp die Wirbelsäule verfehlte.

Ausschlaggebend für die Schlägerei soll ein über Facebook ausgetragenes verbales Scharmützel zwischen einem 16-jährigen Afghanen und einem Tschetschenen gewesen sein, die sich gegenseitig beschimpften. Schließlich trafen sich die zwei Kontrahenten mit Verstärkung zunächst in der Nähe der U6-Station Handelskai, wo es zu ersten tumultartigen Auseinandersetzungen kam. Ein paar Stunden später folgte vor dem Jugendzentrum der Showdown, wobei beide Gruppen weiter angewachsen waren. Die von Betreuern der Einrichtung und Anrainern alarmierte Polizei nahm in der Nähe des Tatorts sechs Verdächtige fest. Im Zuge der Ermittlungen konnten fünf weitere Burschen ausgeforscht werden.

(APA)

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