Gasexplosion bei Delogierungsversuch in Wien-Hernals

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Als ein 55-Jähriger in Wien-Hernals delogiert werden sollte, kam es zur mutmaßlich bewusst herbeigeführten Detonation. Ein Mann wurde getötet, zwei Männer und ein Baby schwer verletzt. Der 55-Jährige wurde im Krankenhaus festgenommen.

Wien. Ein Todesopfer, drei Schwerverletzte, darunter ein erst einen Monat altes Baby, und mindestens neun leichter Verletzte: Das ist die Bilanz einer Gasexplosion in Wien Hernals, die offenbar ein Mieter mutwillig herbeigeführt hat, als er delogiert werden sollte. Bei der Wohnungsöffnung dürfte sich das Gas-Luft-Gemisch entzündet haben. Der 64-jährige Hausverwalter, der beim Delogierungsversuch dabei war, kam ums Leben, ein Gerichtsvollzieher und ein Schlosser wurden schwerst verletzt. Der 55-jährige Wohnungsmieter, der delogiert werden sollte, und die Frau des Hausverwalters kamen mit weniger schweren Blessuren davon.  Das Baby, das in der Nachbarwohnung von herabstürzenden Mauerteilen am Kopf getroffen wurde, erlitt schwere Verletzungen, befand sich aber außer Lebensgefahr.

Mittlerweile verdichten sich die Hinweise, dass die Detonation in der Wohnung in der Hernalser Hauptstraße 210 bewusst herbei geführt wurde: Die Ermittler ließen Donnerstagmittag aber noch offen, ob die Explosion fahrlässig zustande kam oder vorsätzlich. „Klar ist, dass der Wohnungsmieter von der Delogierung gewusst hat“, sagte Polizeisprecher Paul Eidenberger. Im Krankenhaus wurde im Laufe des Donnerstagabends gegen den 55-Jährigen von der Polizei die Festnahme ausgesprochen.

Gegen 7.45 habe ein Gerichtsvollzieher bei der Hinterhofwohnung angeläutet, sagte Eidenberger. Anschließend habe der Schlosser die gerichtlich angeordnete Wohnungsöffnung durchgeführt. Vor der Tür standen neben dem Gerichtsvollzieher der Hausverwalter und seine Frau. Als die Tür aufging, kam es zur Explosion. Die Polizei geht davon aus, dass sich ein Gas-Luft-Gemisch entzündet haben dürfte. Der Mieter, ein 55-jähriger Österreicher, wurde als Beschuldigter geführt. Er sei allein in der Wohnung gewesen. Das Landeskriminalamt übernahm die Ermittlungen. Wenn der Mieter die Explosion tatsächlich bewusst herbeiführte, stellt sich die Frage, ob es ein erweiterter Suizidversuch war, oder ob sich der 55-Jährige gegen die Delogierung wehren wollte.

Der 55-Jährige war seit 1983 in dem Haus gemeldet. Den Behörden ist er bisher nicht aufgefallen. Er dürfte seit einem Jahr keine Miete mehr gezahlt haben und sollte deshalb delogiert werden. Am Haus sowie an benachbarten Gebäuden entstanden schwere Sachschäden. Betroffen waren ein Cafe, eine Apotheke, ein Tattoostudio, ein Lkw und drei Pkw.

„Leichte Entwarnung“ bei verletztem Baby

Das schwer verletzte Baby, ein Mädchen, wurde nach Erstversorgung an Ort und Stelle ins Krankenhaus gebracht. Dort gaben die Ärzte vorsichtig „leichte Entwarnung“: Die Verletzungen seien schwer, aber nicht lebensbedrohlich. Die beiden schwerverletzten Männer haben Knochenbrüche bzw. auch innere Verletzungen davongetragen. Weitere fünf Menschen wurden von der Rettung mit Prellungen, Abschürfungen oder Brüchen in Spitäler gebracht, andere mit leichteren Verletzungen wurden am Einsatzort medizinisch betreut. Die Polizei ging von einem Toten und zwölf Verletzten aus.

Das Haus und ein Nachbargebäude wurden evakuiert, davon waren 14 Menschen betroffen. Wann sie ihre Wohnungen in den Häusern Hernalser Hauptstraße 210 und 208 wieder betreten können werden, war zunächst offen. Die Bewohner wurden zwischenzeitlich in Bussen untergebracht.

Durch die Wucht der Explosion waren viele Fenster zerborsten. Das Gebäude sei aus aktueller Sicht nicht einsturzgefährdet. Die Brandwohnung wurde auf statische Schäden untersucht.

Immer wieder Explosionen in Häusern

Zu Gasexplosionen mit schweren Folgen ist es in den vergangenen Jahren öfter gekommen: Am 16. April 2014 starb durch eine Explosion am Hohen Markt in der Innenstadt eine 23-jährige Studentin. Ein mittlerweile 47-Jähriger soll seine Wohnung mit Benzin in die Luft gejagt haben. Die Frau, die zum Zeitpunkt der Explosion in der Nebenwohnung schief, starb unter herabfallenden Trümmern. Gestern, Donnerstag, bekräftigte der Oberste Gerichtshof die Verurteilung wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Der 47-Jährige hatte dagegen Rechtsmittel eingebracht.

Nur kurz nach dieser Explosion, am 26. April 2014, kam es in Wien zu einem weiteren Fall: In einem Wohnhaus in der Mariahilfer Straße im 15. Bezirk hatte ein 19-Jähriger in Selbstmordabsicht den Gasherd manipuliert, das Gründerzeit-Gebäude stürzte teilweise ein. Der 19-Jährige erlitt tödliche Verletzungen, mehrere Hausbewohner wurden verletzt. Ebenfalls offenbar in Suizid-Absicht wurde am 31. Dezember 2011 in Wien-Donaustadt ein Reihenhaus durch eine Gasexplosion und anschließenden Brand dem Erdboden gleichgemacht. Die Leiche des 44-jährigen Besitzers wurde im Trümmerhaufen gefunden.

(APA/cim)

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