Der Versuch, eine Stadt als Ganzes zu fassen - "Wien von oben" ist das Thema einer neuen Ausstellung im Wien Museum.
22.03.2017 um 12:26
Eigentlich ist es ja ein Anachronismus, in Zeiten von Google Maps und Konsorten papierene Pläne in den Mittelpunkt zu rücken. Pläne, die nach und nach aus unserem Alltag verschwinden. Und doch, konstatieren Sándor Békési und Elke Doppler, dass es genau solche Objekte sind, die in Stadtmuseen zu den Highlights gehören. Die beiden kuratieren "Wien von oben. Die Stadt auf einen Blick", die neue Ausstellung im Wien Museum.
Wien Museum
Zu sehen sind dabei verschiedenste Gesamtansichten der Stadt, von mittelalterlichen Karten bis zu alltagsnahen Abbildungen von Kitsch bis Werbung. Klar ist, schreiben die Kuratoren im Vorwort des Katalogs, dass Pläne und Panoramen immer selektiv und interessensgeleitet sind. Und damit "eine Interpretation, ein Bild oder eine Vision der Stadt".
Wien Museum
Ursprünglich war der Sinn von Karten der Versuch, eine Stadt in ihrer Totalität visuell zu erfassen - etwa als Vogelschau, Panorama oder Grundrissplan. Mit dem Albertinischen Plan, der auf das Jahr 1421 zurückgehen soll, existiert von Wien einer der ältesten erhaltenen Stadtpläne Europas. "Das ist die stat Wienn", schreib der Zeichner, wenn auch nur einige ausgewählte Elemente dargestellt werden - etwa Ringmauer, Stadttore und Wehrtürme. Und - in der linken oberen Ecke des Blattes ist Pressburg zu sehen. Interessant dabei ist, dass Wien etwa nach Südsüdwest ausgerichtet wurde, Pressburg hingegen grob genordet.
Wien Museum
Ein Klassiker bei der Abbildung von Städten ist die Vogelschau. Gerade in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der Großstädte immer weniger fassbar wurden, konnte man mit dieser Ansicht Totalität vortäuschen. Im Wien der 1870er Jahre erlebten diese Ansichten einen Boom, nicht zuletzt, weil damit all die baulichen Umgestaltungen mit dem Bau der Ringstraße eingefangen werden konnten.
Wien Museum
Mit dem ersten Hochhaus Wiens in der Herrengasse, das zwischen 1931 und 1932 entstand, wurde eine neue Perspektive auf die Stadt eröffnet. Das Foto, das um 1935 entstand, ist ein Dialog zwischen altem (Stephansdom) und neuem (Hochhaus) Aussichtspunkt. Die klassische Inszentierung eines damals neuen Wien-Blicks.
SZ Photo (Scherl)
Bildpläne von Wien, die über die reine Funktionalität hinausgehen, gibt es schon lange. Der frühste bekannte Plan mit perspektivischer Einzeichung einzelner Gebäude stammt aus dem 16. Jahrhundert. Derartige Pläne gibt es bis heute - etwa den Stadtplan, den Illustratorin Nina Wilsmann 2007 kreiert hat. Er vereint eine "reale" Darstellung der Stadt mit rein grafischen Elementen.
Grafik: Nina Simone Wilsmann
Orientierung wiederum erfordert andere Darstellungen. Nach dem Abriss der Stadtmauern ab 1862 wurde die Hausnummerierung in Wien reformiert, tausende einheitlich gestaltete Straßenschilder machten die neue Adressierung der Stadt sichtbar. Michael Winkler machte in seinem Standardwerk "Orientierungs-Schema der k. k. Reichs-, Haupt- und Residenzstadt Wien" ein grafisches Schema mit Farben für die einzelnen Bezirke.
Wienbibliothek im Rathaus
Auf Verkehrsverbindungen ausgerichtet war hingegen ein Orientierungsplan aus dem Jahr 1961, auf dem die Verkehrsverbindungen zwischen Messepalast (das heutige Museumsquartier) und Messegelände im Prater verzeichnet wurden. Die Orientierungskarte zur Wiener Internationalen Messe fungierte quasi als Leitsystem für die moderne Messestadt.
Wien Museum
Mit Ansichten von oben wurde und wird auch Werbung gemacht. Der Blick vom Kahlenberg auf Wien war zu sehen auf der Rückseite der Broschüre "Nach Wien im Auto", das die Verkehrskommission der Bundesländer Wien und Niederösterreich 1936 herausbrachte. Das schnittige Cabrio auf der neuen Höhenstraße sollte damals übrigens den motorisierten Edeltouristen ansprechen.
Wien Museum
Eine aktuelle Ansicht ist jene von Florian Maier-Aichern, der speziell für die Ausstellung aus einem Helikopter Wien vom Leopoldsberg aus fotografierte, digital bearbeitete und verfremdete.
Florian Maier-Aichen/Wien Museum
Wien von oben
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