Um Längen verloren

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Traberpferde drehen weiterhin in der Krieau ihre Runden, es gibt 25 Renntage, doch sinken die Dotationen. Für Hubert Brandstätter jun. ist es „noch ein Geschäft“.

Traber in der Krieau, Galopper in der Freudenau – Wien war die Hochburg des Pferderennsports. Es gab Gestüte und Stallungen, Jockeys und Trainer, man kannte sich, wusste, wie man große Renntage als Fest zelebriert. In der Krieau locken zwar weiterhin Klassiker wie das Derby oder das „Hunyady Memorial“ einmal pro Jahr, doch vom Glanz der Vergangenheit und den Wettumsätzen über die ganze Saison kann man beim Trabrennverein nur noch träumen. Dass 20.000 Menschen in der Krieau ein Trabrennen besuchten, ist heute kaum noch vorstellbar.

Ende der 1990er-Jahre sorgte die Krieau ein womöglich letztes Mal für europaweite Furore. Die Rückkehr der „Grand Circuit“-Serie, die Formel-1 der Traber, brachte für zwei Jahre Stars nach Wien. Eingeflogen wurden Pferde von ihren reichen Besitzern im Privatjet, es gab Liveübertragungen im ORF und Wetten über Frankreich (PMU) spülten Geld in die Kassen. 1,5 Millionen Schilling betrug die Dotation, eine stattliche Summe. Züchter applaudierten; es gab wieder etwas zu verdienen, man witterte Hoffnung, neuen Mut an dieser traditionellen, vom Denkmalschutz geplagten Sportstätte. Sieger wie Mr. Claude oder Giesolo de Lou bleiben unvergessen.

Auch versprach sich der rot-weiß-rote Pferdesport damals noch von einem „reichen Onkel“ aus Kanada, der in Ebreichsdorf eine Rennbahn aus dem Boden stampfen wollte, eine rosige Zukunft. Frank Stronach aber wurde kein Retter, im Racino gibt es mittlerweile sogar nur noch zehn Renntage pro Saison. In der Freudenau wird Golf gespielt, und auch in der Krieau werden Veranstaltungstage weniger, es gibt nur noch 25 Renntage pro Saison, mit neun bis zehn ca. 2600 Meter langen Bewerben. „Der Rennsport muss fremdfinanziert werden“, sagte der frühere WTV-Präsident Anton Gaal vor Jahren. Es war eine schonungslos trockene Analyse, die man weder hören noch glauben wollte.


Zucht und Rennen sind gut. Boxen für bis zu 400 Pferde gibt es in der Krieau. Konzerte oder Springreitturniere brachten ebenso Einnahmen, man spielt ebenfalls Golf im Infield. Doch eine Pferderennbahn lebt von Wettbewerben, Besitzer leben von Siegen und Zucht, Pfleger, Catch-Driver etc. von Aufträgen und Tieren, Angestellte vom Betrieb in den Boxen. Eine Rennbahn ist nicht nur ein Ort des Glücksspiels, sondern auch ein sozialer Kreislauf.

„Es ist sehr schwer geworden“, sagt Hubert Brandstätter jun., der in Schwanenstadt ein Gestüt führt, Pferde züchtet und auch im Sulky sitzt. Er reist zu allen 25 Renntagen in der Krieau an. Manchmal, wie am Samstag, mit zehn Pferden, manchmal mit weniger. Schlechtreden, wie manch anderer, wolle er den Trabersport in Österreich nicht, aber es sei „nicht mehr das, was es einmal war.“ Dabei müssten Zucht und Pferde in Europa keinen Vergleich scheuen. Sie wären wirklich sehr gut.

Und das Geld? Was kann man mit seinem Vierbeiner auf der Rennbahn im Prater noch verdienen? 1000 bis 6000 Euro Preisgeld werden ausgeschüttet, 1840 Euro für einen Sieg seien nicht zu verachten. Aufgabe ist für Brandstätter jun. also ein Fremdwort. Es ist „noch ein Geschäft“.

Historie

Im 16. Jahrhundert
stritten sich Klosterneuburg und Wien jahrzehntelang, wem die Krieau gehört.

1618
wurde die Krieau Wien zugesprochen, der Name bezieht sich auf den langen Streit (Kriegsau).

1873
fand hier die Weltausstellung statt.

1874
wurde der Wiener Trabrennverein gegründet. Die ersten Rennen fanden in der Hauptallee statt.

1878
wurde die Trabrennbahn eröffnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2017)

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