Heumarkt: Das Hochhaus, das Parteien spaltet

Maria Vassilakou geht gestärkt aus dem Heumarkt-Streit hervor – obwohl sie sich gegen Teile ihrer Partei gestellt hat.
Maria Vassilakou geht gestärkt aus dem Heumarkt-Streit hervor – obwohl sie sich gegen Teile ihrer Partei gestellt hat.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Für den Investor ist der Kampf nach der beschlossenen Flächenwidmung vorüber, in den Parteien gehen die Scharmützel weiter.

Wien. Bis 2022 wird Wien also ein Hochhaus am Rande der Inneren Stadt mehr haben. Nach sechs Jahren Vorbereitungszeit hat Wertinvest-Geschäftsführer Michael Tojner sein Heumarktprojekt entgegen aller Widerstände durchbekommen. Am Donnerstag wurde ihm mit den Stimmen von Rot und Grün im Gemeinderat die nötige Widmung beschert. Während für Tojner der Kampf vorerst vorbei ist, gehen die Kleinkriege in den Parteien weiter – denn das Projekt hat intern stark polarisiert und Gräben hinterlassen.

  • Grüne Rache: Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ist eine Überlebenskünstlerin. Trotz einer grüninternen Urabstimmung, die gegen das Projekt ausfiel, geht sie aus dem Streit gestärkt hervor: Sie hat sich durchgesetzt. Ebenso Klubobmann David Ellensohn, der Wort gehalten und eine Mehrheit beschert hat. Mit der kritischen Basis werden Gespräche geführt, um die Wogen zu glätten – mit dem ersten Bezirk ist man nach wie vor auf Kriegsfuß. Die Rache an jenen, die den Unfrieden angezettelt haben, ist in Vorbereitung: Allen voran ist es der Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zinggl, gegen den Stimmung gemacht wird. Dieser muss nun um sein Mandat fürchten. Die Wiener Liste für den Nationalratswahlkampf wird bei der Landeskonferenz am 10. Juni abgestimmt. Bisher hatte Wien fünf fixe Mandate, Zinggl kandidiert gegen den Anwalt Georg Bürstmayr und den grünen Gewerkschafter Markus Koza, auf Platz vier. Letzterem werden gute Chancen eingeräumt.
  • Schwarzer Unfrieden: Nicht nur bei den Grünen gibt es Heumarkt-Nachwehen. Obwohl die ÖVP massiv gegen das Projekt protestiert hat (allen voran die Innere Stadt), haben sich Wirtschaftsbund und Wirtschaftskammer in einer Aussendung für das Projekt ausgesprochen. Das nimmt man Wirtschaftskammerchef Walter Ruck innerparteilich übel. Hinter vorgehaltener Hand wird von Kuhhandel geredet: Vassilakou soll auf Rucks Forderungen zum Anrainerparken eingegangen sein – dafür soll er seine Unterstützung bei Unternehmern für das Projekt versprochen haben. Im Gemeinderat stimmte die ÖVP Donnerstag gegen die Widmung – Mandatarin Elisabeth Olischar war nicht anwesend.
  • Pinke Uneinigkeit: Die Neos müssen sich ein neues Thema suchen – in den vergangenen Monaten wurde viel Zeit in den Kampf gegen den Heumarkt gesteckt – nicht auf Wunsch aller: Die Neos im dritten Bezirk, den das Projekt betrifft, haben dieses im Bezirksparlament sehr befürwortet.
  • Rote Ruhe: Einzig die SPÖ hat sich elegant aus der Affäre gezogen. Obwohl sie das Projekt von Anfang an gefordert hatte, trug sie zur Umsetzung wenig bei. Die Unterstützung beschränkte sich auf ein bis zwei Medientermine des Bürgermeisters Michael Häupl mit seiner Vize Vassilakou – die er dann, wie auch schon bei der Mariahilfer Straße, allein die unangenehme Arbeit machen ließ, als die Widerstände kamen. Um den Koalitionspartner zufriedenzustellen, stellte sich Vassilakou schlussendlich sogar gegen Teile ihrer eigenen Partei, indem sie das Ergebnis der Urabstimmung ignorierte.

Kritik der Volksanwältin

Einen Tag, nachdem die Flächenwidmung im Gemeinderat abgestimmt wurde, erschien am Freitag übrigens der Volksanwaltschaftsbericht für Wien – in dem das Vorgehen der Stadt rund um den Heumarkt massiv kritisiert wird. Die Flächenwidmung hätte unabhängig von dem individuellen Bauprojekt erfolgen müssen und nicht als „Wunschwidmung“ für den Investor, sagte Volksanwältin Gertrude Brinek (ÖVP) am Freitag. Die Änderung der Flächenwidmung sei zwar am Donnerstag beschlossen worden, aber zuvor jahrelang „auf Basis der Pläne eines Investors“ verhandelt worden. „Das heißt, der zweite Schritt wurde vor dem ersten gemacht“, kritisiert sie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2017)

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