Im Raum Wien wurde eine kriminelle tschetschenische Gruppierung zerschlagen. Auf ihr Konto soll auch Brandstiftung gehen.
Wien. ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka ist bekannt für ebenso eilig wie unerwartet einberufene Pressekonferenzen: Freitagmorgen war es wieder einmal soweit. Eine unter anderem auf Schutzgelderpressung spezialisierte Bande, bestehend aus Tschetschenien-Flüchtlingen, konnte zerschlagen werden. Die jüngste, nämlich die neunte Festnahme, war erst in der Nacht auf Freitag erfolgt. Nie zuvor hatte es die österreichische Polizei mit einer derart mafios strukturierten Tschetschenen-Gruppierung zu tun bekommen. Etwa 200 Beamte waren bei der Großaktion, „Operation Palace“, im Einsatz.
Und so ließ es sich der Ressortchef (im Vorwahlkampf) nicht nehmen, im Beisein von Bundeskriminalamtschef Franz Lang die „Aufklärung“ der Straftaten dieser Bande „mit großer Genugtuung zu präsentieren“. Für Tschetschenen gebe es „überhaupt keinen Grund für Asyl“. In der russischen Föderation gebe es „viele Gebiete, in die sie sich, wenn sie sich schon verfolgt fühlen, in Sicherheit begeben können“. Asylaberkennungsverfahren gegen die Verdächtigen seien bereits eingeleitet worden.
In der Regel warten die Asylbehörden das Strafverfahren ab. Im Falle von Verurteilungen hat zwar der Staat Anspruch auf Strafverfolgung, das heißt: bei Verhängung von Haftstrafen wandern die Täter ins Gefängnis; aber während sie ihre Strafen absitzen, kann – nach Einholung einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft – gerichtlich beschlossen werden, dass es schon vor Strafende zu Abschiebungen kommt. Letztere sind mit einem Einreiseverbot verbunden.
Waffen und Schutzgelder
Zu den Taten der Bande: Den Grundstein für den Ermittlungserfolg legte die Polizei bereits am 4. Februar. Damals wurden auf der Donauinsel in der Nähe des Schulschiffes 22 Tschetschenen vorübergehend festgenommen, nachdem an Ort und Stelle mehrere Schusswaffen und auch eine Maschinenpistole gefunden worden waren. Spätere Untersuchungen ergaben, dass Männer dieses Kreises (insgesamt gibt es in Österreich etwa 30.000 Tschetschenen) auch für das Niederbrennen einer Pizzeria in Hollabrunn verantwortlich sind. Die Männer hätten laut Polizei danach versucht, an die Versicherungssumme, 250.000 Euro, zu gelangen. Dies misslang.
Kopf der nun ausgehobenen Bande ist ein gewisser Salambek A. Die Erwerbzweige des mafios organisierten Geflechts: Schutzgelderpressungen, hier waren die Opfer die Inhaber von Friseursalons in Wien Floridsdorf und Wien Donaustadt, durchwegs Personen mit Migrationshintergrund. Pro Monat mussten die Betroffenen tausend Euro an die Bande bezahlen. Weiters sollen die Täter einen 50-jährigen Arzt ägyptischer Herkunft gezwungen haben, Stich- und Schussverletzungen zu behandeln, ohne dies den Behörden zu melden. Der Mediziner soll auch Rezepte für Schmerztabletten ausgestellt haben – Medikamente, die von der Bande verkauft wurden. Sobotka nahm (wieder einmal) den Fall zum Anlass, um die SPÖ zu kritisieren: Wenn diese noch nicht begriffen habe, dass das umstrittene Sicherheitspaket (Überwachung von Messenger-Diensten etc.) beschlossen werden müsse, gefährde sie die öffentliche Sicherheit.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2017)