Anklage gegen vier Polizisten wegen Rassismus

Prozess um Beschimpfung des österreichischen Olympia-Teilnehmers Tuncay Caliskan.

WIEN (APA/stu). Fünf Polizisten mussten sich am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wegen Amtsmissbrauchs verantworten, weil sie sich geweigert haben sollen, eine Anzeige des zweifachen österreichischen Olympia-Teilnehmers Tuncay Caliskan aufzunehmen. Stattdessen soll der Taekwondo-Kämpfer türkischer Abstammung auf einer Wachstube in Wien Margareten von mehreren Beamten als „Tschusch“ und „Scheißkanak“ beschimpft worden sein.

Die Verhandlung begann mit einer Überraschung, einer der angeklagten Polizisten erklärte: Obwohl Caliskan nicht aggressiv gewesen sei, wäre ein Kollege verbal ausfällig geworden. Dieser Kollege habe beschlossen, „keine Amtshandlung zu führen, sondern den Herrn Caliskan zu beschimpfen“.

Zwei weitere Beamte, die die Ausfälligkeiten mitbekamen, sollen den Sportler im weiteren Verlauf ebenfalls beflegelt haben. Der damals diensthabende Wachkommandant soll Beschimpfungen auch nicht unterbunden haben.

In der Meldung an die Dienstvorgesetzten schildern alle Beamten allerdings das Gegenteil; nämlich, dass Caliskan aggressiv geworden wäre. Die Meldung habe „nur am Rande mit der Wirklichkeit“ zu tun gehabt, gab nun jener Polizist zu, der seiner Aussage zufolge „nicht mehr bereit ist, das Verhalten meiner Kollegen zu rechtfertigen“. Darauf angesprochen, dass auf besagter Meldung auch seine Unterschrift aufscheine, meinte er: „Es ist natürlich so, dass man bei der Polizei etwas deckt, solange es geht.“

Die vier Mitangeklagten dementierten verbale Übergriffe; wobei jener 40-jährige Beamte, der hauptsächlich für die rassistischen Beschimpfungen verantwortlich sein soll, bereits per 1.Jänner in die Frühpension gewechselt ist. Wie er Richterin Martina Hahn erklärte, sei er seit 1.Jänner „wegen der psychischen Belastung, weil mich das Ganze persönlich ziemlich reingezogen hat“, pensioniert worden.

In die Frühpension mit 40 Jahren? Seitens der Polizei heißt es auf Anfrage der „Presse“: „Wir können zu diesem Fall aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2010)

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