Stimmen im Kopf: Wiener erstach Nachbarn

Innere Stimme befahl Nachbarn
Innere Stimme befahl Nachbarn(c) Clemens Fabry
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Der Rockmusiker attackierte einen 72 Jahre alten Pensionisten und dessen Ehefrau. Er wurde in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Als Motiv nannte er eine Stimme in seinem Kopf.

Der 42-jährige Mann, der am 6. Dezember 2009 in der Alxingergasse in Wien-Favoriten seinen 72 Jahre alten Nachbarn erstochen und dessen Ehefrau mit zwei Küchenmessern schwer verletzt hatte, ist am Dienstag im Straflandesgericht rechtskräftig in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Eine innere Stimmen habe ihm befohlen, in die nebenan gelegene Wohnung zu gehen und den Nachbarn zu töten, mit dem es bis dahin nie Schwierigkeiten gegeben hatte, erklärte der 42-Jährige einem Schwurgericht.

"Ich hab bis 21 Uhr gelesen. Auf einmal hat mich eine Stimme rausgerissen aus dem Buch. Sie hat gesagt, das Spiel beginnt jetzt. Dann war Sendepause", gab der Mann zu Protokoll. Er sei in die Küche gegangen, habe sich bis auf die Unterhose ausgezogen, zwei Messer ergriffen und an der fremden Tür geklopft. Als sich diese öffnete, ging der Mann wortlos auf den Pensionisten los, der gerade noch "Was ist los?" sagen konnte, ehe ihn mehrere Stiche trafen. Zwei drangen in die Lunge ein, der 72-Jährige verblutete.

Seine 65 Jahre alte Ehefrau wollte dem tödlich Verletzten helfen, worauf sie ebenfalls attackiert wurde. Ihr gelang es, ins Stiegenhaus zu flüchten. Mit mehreren Stichwunden im Nacken und Rücken lief sie einen Stock tiefer. Der Hausbesorger, der ihre Schreie hörte, ließ sie in seine Wohnung, bevor sie der Täter eingeholt hatte. "Was wollten Sie denn noch?", erkundigte sich nun Richter Ulrich Nachtlberger nach dem Grund, weshalb der 42-Jährige versucht hatte, sich auch Zutritt in diese Wohnung zu verschaffen. "Ja weitermachen", erwiderte dieser.

Krankheit seit Jahren bekannt

Beim Eintreffen der Polizei ließ sich der psychisch Kranke widerstandslos festnehmen. Seit seinem 18. Lebensjahr ist seiner Familie seine Erkrankung - eine ausgeprägte paranoide Schizophrenie - bekannt. Einmal sprang er etwa auf offener Straße nackt in eine Auslagenscheibe. Der Mann wurde mehrfach stationär behandelt, zuletzt im März 2009, nachdem sich seine Lebensgefährtin, eine Sozialarbeiterin, von ihm getrennt hatte. Sobald er aus dem Spital entlassen wurde, setzte er jedoch die ihm verschriebenen Medikamente ab.

Stattdessen spielte er in einer Punkrock-Band, die es immerhin in die Hörer-Charts des Jugendsenders FM4 und ins Finale des "Austrian Band Contest" schaffte. Den Bandkollegen fiel zwar auf, dass sich ihr Bassist für Jesus hielt und gern darüber sinnierte, dass er die Welt retten müsse, aber offenbar hielten ihn seine Freunde für nicht gefährlich.

Dabei ist laut der Gerichtspsychiaterin Gabriele Wörgötter damit zu rechnen, dass der Musiker, bei dem infolge seiner Krankheit ein Schuldausschließungsgrund gegeben und er damit als zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig anzusehen ist, ohne entsprechende Therapie neuerlich Straftaten mit schwerwiegenden Folgen begehen wird. Folglich gaben die Geschworenen nach kurzer Beratung dem Unterbringungsantrag der Staatsanwaltschaft einstimmig Folge.

(APA)

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