Stephansdom: Schönborn gewinnt Machtkampf gegen Konrad

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Schönborn setzt sich gegen Raiffeisen-Chef Konrad durch. Das unterirdische Besucherzentrum für den Stephansdom wird nicht gebaut. Alle Wirtschaftsvertreter ziehen sich aus dem Stephansdom-Verein zurück.

Wien. Kardinal Christoph Schönborn hat seinen Willen durchgesetzt: Das seit Jahren geplante unterirdische Besucherzentrum für den Wiener Stephansdom wird definitiv nicht gebaut. Der Erzbischof hat sich zu seinem Veto gegen das ungefähr zwölf Millionen Euro teure Projekt durchgerungen. Und einen seit Längerem schwelenden Machtkampf mit Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad für sich entschieden.

Am Sonntag wurden die Hintergründe deutlich. Schönborn sieht sich außerstande, einem Großprojekt direkt vor seiner Haustüre die Zustimmung zu geben – während überall sonst in der Erzdiözese wegen der Rekordzahl an Kirchenaustritten Sparprogramme laufen, Zusammenlegungen von Pfarren überlegt und Schenkungen von Kirchen an andere christliche Gemeinschaften geplant werden. Zwar wollte Konrad durch Großspenden und Länderförderungen das Projekt finanzieren, Schönborn fürchtete aber einerseits eben eine fatale Optik, andererseits hätte bei künftigen Problemen (neue Bankenkrise, Änderung politischer Konstellationen) letztlich doch wieder „seine“ Erzdiözese finanziell einspringen müssen.

Raiffeisen-Zampano Konrad hat als Obmann des Vereins „Unser Stephansdom“ Spenden für die Renovierung der Metropolitankirche gesammelt – und das unterirdische Besucherzentrum planen lassen. Der Bau sollte gleichsam die Krönung seiner Tätigkeit für den Stephansdom werden. Allein: Schönborn war von Beginn an skeptisch gegenüber diesem ambitionierten Vorhaben, bei dem auch die wenig attraktive Dombauhütte unter die Erde verbannt worden wäre. Konrad und seine Mitstreiter – an der Spitze Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Dompfarrer Anton Faber – blieben aber davon ziemlich ungerührt. Zuletzt wurde sogar mit einer extrem selten gewährten Ausnahmegenehmigung durch die Stadt Wien ein positiver Baubescheid für das Projekt erwirkt. Schönborn sah sich dadurch noch mehr unter Druck gesetzt und fast schon vor vollendete Tatsachen gestellt. Aber eben nur fast.

Brisanter Brief an Konrad

Bereits Anfang vergangener Woche entschied er sich von der Öffentlichkeit unbemerkt definitiv gegen das Besucherzentrum. In einem Brief hat er dies auch Konrad mitgeteilt. Ein Gespräch soll es erst jetzt geben. Die Vorgangsweise des Wiener Erzbischofs erinnert frappant an die Abberufung Helmut Schüllers als Generalvikar im Jahr 1999. Auch damals hatte Schönborn seine Entscheidung dem Betroffenen schriftlich bekannt gegeben. Zurück zum Besucherzentrum: Neben Konrad wurde auch das Domkapitel über Schönborns Veto informiert. Dieses Gremium – und nicht der Ortsbischof oder die Erzdiözese – ist rechtlich der Eigentümer des Stephansdoms.

Am Mittwoch in der Kapitelsitzung wurde aber eine Abstimmung über Baustopp oder nicht tunlichst vermieden. Eine Entscheidung gegen den Willen des Kardinals wäre theoretisch möglich gewesen. Praktisch wäre dies jedoch einer Desavouierung Schönborns und einer Art Gefolgschaftsverweigerung der situierten Domherren gleichgekommen.

Der Kardinal hat also jetzt einen wichtigen Machtkampf gewonnen. Der Preis dafür ist aber hoch: Der Verein, dessen Ziel es ist, möglichst viele finanzielle Mittel für den „Dauerpatienten“ Dom zu rekrutieren, verliert mit einem Schlag sein gesamtes wirtschaftliches Know-how. Dies wurde nach der Krisensitzung vom Freitag klar, bei der der Brief Schönborns diskutiert wurde. Mit Konrad kommen dem Verein nämlich auch so klingende Namen wie Walter Rothensteiner, Generaldirektor der Raiffeisen-Bank, Erste-Chef Andreas Treichl oder Wiens Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank abhanden.

Verein wird neu aufgestellt

Einen Sonderfall stellt die Rolle Michael Häupls dar. Auch der Wiener Bürgermeister verlässt aus Protest gegen Schönborns Veto den Vorstand des Vereines. Er bleibt aber immerhin dessen Protektor, also Schutzherr. Womit gleichzeitig aber die Normalität wiederhergestellt ist: Der damalige Bürgermeister Helmut Zilk, der mit Kardinal Hans Hermann Groër den Verein gegründet hat, ist selbst nie im Vorstand gesessen.

Nach den Massenrücktritten vom Freitag leitet jetzt der Rechtsanwalt der Erzdiözese, Erich Ehn, den Verein „Unser Stephansdom“. Ohne Zeitdruck soll das Gremium in den nächsten Wochen auf völlig neue Beine gestellt werden, wie gestern, Sonntag, zu erfahren war.

Auf einen Blick

Kein Dom-Besucherzentrum. Kardinal Schönborn legt Veto gegen das geplante unterirdische Besucherzentrum für den Stephansdom ein. Projektierte Kosten: Zwölf Millionen Euro. Alle Wirtschaftsvertreter verlassen nun den Stephansdom-Verein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23. Mai 2011)

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