Reisebusse sollen raus aus Wien

(c) FABRY Clemens
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Vizebürgermeisterin Vassilakou arbeitet an einem neuen Buskonzept für die Stadt: Touristen sollen vermehrt mit Öffis statt Reisebussen befördert werden. Der Vorschlag stößt allerdings nicht überall auf Gegenliebe.

Wien. An den Adventsamstagen herrscht Chaos auf den Straßen Wiens, aber zumindest ein Verkehrsteilnehmer macht dann keine Probleme: der Reisebus. Diese dürfen nämlich nicht in die Innenstadtbezirke einfahren (1, 6 bis 9), Ausnahmen gelten nur für einige wenige Events, die mit einer Busfahrt verbunden sind. Eine Regelung, die Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (G) gefällt. Sie arbeite zurzeit an einem neuen Buskonzept für die Stadt – und: „Es wurden bereits positive Erfahrungen mit der Regulierung an den Adventtagen gemacht“, sagt Vassilakou zur „Presse“.

Man wolle Klarheit schaffen, „wie Zugangsbedingungen und Parkmöglichkeiten in Zukunft aussehen sollen“. Das Ziel des Konzeptes: Lärm-, Abgas- und Platzprobleme – besonders für die Anrainer – zu dezimieren. Für den innerstädtischen Verkehr hieße das konkret, dass Fahrten zu Konzerten, Großveranstaltungen oder Einkaufsfahrten nicht mit Reisebussen, sondern mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen sollen. Dasselbe soll dann auch für die Ankunft gelten, wenn Gäste beispielsweise für Großveranstaltungen oder Tagesreisen nach Wien kommen. Die Busse sollen dann am Stadtrand halten und die Passagiere zu den Öffis umgeleitet werden. Dazu sollen „strategisch geeignete“ Busbahnhöfe entstehen. Freilich soll es aber weiterhin möglich sein, Gäste, die in Wien übernachten, mit Gepäck zu ihren Hotels zu bringen und abzuholen. An allen weiteren Details werde gearbeitet.

Ein um die Reisebusse reduzierter Verkehr in Wien stößt allerdings nicht überall auf Gegenliebe. Die Busbetreiber, die neben Tourismus- und Wirtschaftsvertretern bereits in die Pläne Vassilakous eingeweiht wurden, fürchten um ihre Kundschaft. Es würde ihn nicht wundern, sagt Thomas Blaguss, Geschäftsführer von Blaguss Reisen, wenn die Touristen dann sagen würden: „Fahren wir lieber nach Budapest, da können wir mit dem Bus in die Stadt.“ Der Bustourismus konzentriere sich auf die Generation 50 plus, die in ihren Bewegungsmöglichkeiten bisweilen eingeschränkt sei und eben Geld dafür bezahle, zügig – und mit einem Reiseleiter – von A nach B gefahren zu werden.

„Sündenbock für verstopfte Innenstadt“

„Die Gäste“, so Blaguss weiter, „wollen in geschlossenen Gruppen bleiben und im Bus zusammensitzen.“ Dass der Wiener Verkehr dadurch belastet werde, sei Blaguss allerdings bewusst. Die Regulierung an den Adventsamstagen halte er für „sinnvoll“. Der Bus könne aber nicht als „Sündenbock für die verstopfte Innenstadt“ gelten.

Um die Touristen bangt auch Peter Klemens von der Fachgruppe Autobus in der Wirtschaftskammer Wien. Auf dem Reißbrett klinge das neue Konzept zwar schön, die Umsetzung könne aber „ganz gewaltige negative Auswirkungen“ haben. Für die öffentlichen Verkehrsmittel würde das eine Überlastung zu Spitzenzeiten bedeuten, für den Straßenverkehr ebenfalls, da viele auf ihren Pkw umsteigen würden.

Diese Kritik teilt der Direktor von Wien Tourismus, Norbert Kettner, allerdings nicht. Er glaube nicht, dass mit dem neuen Buskonzept die Gäste ausbleiben werden. Es sei aber wichtig, dass jene übernachtenden Gäste (und ihr Gepäck) weiterhin mit dem Bus in die Stadt gebracht werden könnten – an dieser Regelung will Vassilakou ohnehin nicht rütteln.

Vassilakou setzt auf Ausbau der S-Bahn

Wien. Die grüne Vizebürgermeisterin hat am Donnerstag bei einer Pressekonferenz eine neue Pendlerstudie (Kordonerhebung) präsentiert. Demnach fahren an einem Arbeitstag von 5 bis 24 Uhr 528.000 Menschen über die Stadtgrenze nach Wien. Für Vassilakou besonders enttäuschend ist die Tatsache, dass davon nur ein Fünftel (21 Prozent) öffentlich unterwegs ist. 79 Prozent fahren mit dem Auto. Dazu kommt, dass sich in den letzten 15 Jahren, seit der Erstellung der letzten entsprechenden Pendlerzählung, das Verhältnis zwischen Autos und Öffis sogar verschlechtert hat: Der Pendlerverkehr nach Wien hat seit 1996 zwar um 14 Prozent zugenommen, die Benutzung der Öffis aber um neun Prozent.

„Die Sache ist nicht rosig“, meint Vassilakou. Sie will daher verstärkt mit den Verkehrsexperten in Niederösterreich reden, um Lösungen zu finden, dass Autofahrer früher auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Weiters will Vassilakou voll auf die Schnellbahn setzen. Diese auszubauen und die Intervalle zu verdichten, sei deutlich billiger als der Ausbau der U-Bahn. „Der Schlüssel liegt in der Schnellbahn“, betont Vassilakou. Dem Bau einer U-Bahn ins niederösterreichische Umland erteilt sie eine volle Absage. „Das ist teuer und nicht sinnvoll.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2011)

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