"Sommer-GAU" für Wiener Linien: U6 gesperrt

SommerGAU fuer Wiener Linien
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Am Montag wird der Zugverkehr zwischen Westbahnhof und Alser Straße bis Ende August eingestellt. Grund: Bauschäden an der Station Josefstädter Straße. 250.000 Fahrgäste müssen auf die Straßenbahn ausweichen.

Wien. Der GAU kam plötzlich: Seit Jahren planen die Wiener Linien die Sanierung der maroden U-Bahn-Station Josefstädter Straße. Im Vorjahr entschloss man sich, die Arbeiten von 2012 auf 2011 vorzuverlegen. Vergangene Woche begannen die Arbeiten. Aber erst vorgestern, Dienstag, wurde den Verantwortlichen im Laufe des Tages klar, dass die Arbeiten die (teilweise) Einstellung des Linienverkehrs auf der Linie U6 zur Folge haben werden.

Gestern, Mittwoch, ging man an die Öffentlichkeit. Die Botschaft an die Fahrgäste lautete: Vom kommenden Montag an (18. Juli) ist der Betrieb der U6 zwischen Westbahnhof und Alser Straße bis Ende August eingestellt. Mindestens. Mit „umfangreichen Verzögerungen im Fahrbetrieb“ sei jedenfalls zu rechnen.

Aber warum so plötzlich? Wie berichtet war die Sanierung der Station Josefstädter Straße von langer Hand geplant. Als nach Ferienbeginn die Arbeiten begannen, waren diese lediglich dadurch zu bemerken, dass die Züge nicht in der Station hielten, sondern durchfuhren. Vor Ort soll sich dabei erst im Zuge des Abstemmens des Mauerwerks herausgestellt haben, dass die Schäden viel größer sind als angenommen. „Das hat auch uns überrascht“, sagt Unternehmenssprecher Michael Unger.

14 Minuten Zeitverlust

Die Station hat nämlich ein Feuchteproblem. Das Wasser sickert durchs Mauerwerk und zerstört die Fassade. Erst jetzt, da die Station geschlossen ist, bemerkte man, dass auch Bahnsteig und Unterbau der Gleise betroffen sind. Bei solchen Schäden sei eine Sanierung bei gleichzeitig durchfahrenden Zügen unmöglich, heißt es bei den Wiener Linien.

Dass nun gleich der ganze Abschnitt zwischen Alser Straße und Westbahnhof (2,35 Kilometer) und nicht nur die betroffene Station geschlossen werden muss, hat damit zu tun, dass es auf dieser Strecke keine passenden Weichen gibt. Zudem existieren auch keine Umsteigemöglichkeiten zum Ersatzverkehr.

Ebender kann aufgrund der fehlenden Gleisanlagen im unmittelbaren U-Bahn-Bereich nur sehr großräumig geführt werden. Zu großräumig, wie VP-Stadtrat und Verkehrssprecher Wolfgang Gerstl meint. Tatsächlich startet die ersatzweise fahrende Straßenbahnlinie E bereits bei der U6-Station Nussdorfer Straße. Von dort aus verläuft die Route entlang der Gleise der Linien 37 und 5 über Nussdorfer Straße, Spitalgasse, Alser Straße und Kaiserstraße bis zum Westbahnhof. Züge fahren alle vier bis fünf Minuten. Die Fahrzeit von A nach B wird etwa 25 Minuten betragen. Zum Vergleich: Die U6 schafft die Strecke zwischen den beiden Stationen in elf Minuten.

Doch der Zeitverlust ist nicht die einzige Unannehmlichkeit, auf die sich Fahrgäste in den nächsten Wochen einstellen müssen. Zwischen 200.000 und 250.000 Fahrgäste täglich nutzen die U6 im Tagesschnitt. Im Sommer sind es 50.000 weniger – und immer noch viel mehr, als selbst eine dicht getaktete Straßenbahn jemals transportieren könnte. Ein Zug auf der Straße fasst maximal 200 Personen. Eine einzige U-Bahn schafft viermal soviel. Kurzum: Es wird eng in Wiens öffentlichen Verkehrsmitteln.

2012 folgt Sperre der U1

Seit gestern informieren die Wiener Linien die Fahrgäste mit Aushängen, Flyern und Durchsagen über die kurzfristige Entscheidung. Ob die Arbeiten wirklich bis zum 31. August abgeschlossen sind, wollte am Mittwoch niemand garantieren. Die gute Nachricht hingegen lautet: Vergleichbare Probleme auf anderen Stationen und Linien seien nicht zu erwarten.

Vereinzelte Sperren im Wiener U-Bahn-Netz gab es bereits in der Vergangenheit. 2005 legten Bauarbeiten an mehreren Wochenenden die U2 lahm. 2008 wurde auf der U6 während des Sommers die Station Gumpendorfer Straße wegen Bauarbeiten nicht angefahren. Auch der Bau am Lainzer Tunnel führte zu kurzzeitigen Einstellungen.

Nächsten Sommer ist eine weitere Sperre geplant. Dann wird die Linie U1 zwischen Stephansplatz und Reumannplatz für sieben Wochen stillstehen. Grund: Generalsanierung der Gleisanlagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2011)

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