AKH-Ermittlungen auf weiteren Fall ausgedehnt

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Schon vor dem fragwürdigen Auftrag für Leasingpersonal im Wert von 50 Millionen Euro soll es zu illegalen Absprachen gekommen sein. Verdächtigt werden die selben Beamten und das selbe Unternehmen.

Seit Juli 2010 berichtet die „Presse“ über die Ermittlungen gegen eine mutmaßlich illegale Auftragsvergabe im Wiener AKH. Der inzwischen mehrere Tausend Seiten starke Akt zeigt jedoch, dass der 50 Millionen Euro schwere Anlassfall über die Bereitstellung von Leasingpersonal nur die Spitze eines viel größeren Eisbergs sein könnte.

Ein inzwischen beachtlicher Anteil der Tätigkeit von Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) und Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung (BAK) widmet sich inzwischen einem Fall, der sich fünf Jahre vor dem großen Geschäft im Jahr 2010 zugetragen haben soll. Ein Sprecher der KStA umschreibt den Sachverhalt so: „Der Fall wird im Zuge des Ermittlungsverfahren entsprechend gewürdigt.“

Im Zentrum der Untersuchungen seiner Behörde stehen auch dieses Mal der inzwischen pensionierte Verwaltungsdirektor des AKH, B., ein Beamter aus der Wirtschaftsabteilung, H., sowie der Personaldienstleister AGO (Akademischer Gästedienst Österreich) als Auftragnehmer.

Den ersten Hinweis gab eine Beamtin des Spitals, die unter Wahrheitspflicht und im Zuge einer Zeugenvernehmung von einer Ausschreibung über „flexibel einsetzbares Hilfspersonal“ (250 bis 280 Personen) den Ermittlern schon im Dezember 2010 Merkwürdiges berichtete. Im Zuge des Verfahrens – sie war selbst Sachbearbeiterin – sollte eine hausinterne Bewertungskommission neun interessierte Firmen anhören und in einem Zwischenschritt auf drei reduzieren. Unter diesen „Finalisten“ solle dann der Auftrag vergeben werden. Dazu bewerten die vier Kommissionsmitglieder (es waren Vertreter von ärztlicher Direktion, Verwaltungsdirektion, Pflegedirektion und Personalabteilung) mittels Punktebögen, aus denen die Wirtschaftsabteilung dann ein Ranking erstellte.

Im Rahmen einer gemeinsamen Besprechung soll B. in den Raum gekommen sein und gemeint haben: „Ich habe mir das jetzt angeschaut, so geht das nicht, die Fa. AGO muss weiterkommen“, (siehe Faksimile). Anschließend sollen die Anwesenden Punkte in ihren Tabellen ausgebessert haben.

Die betroffenen Führungskräfte dementieren S.' Aussage nicht ausdrücklich. Ebenfalls unter Wahrheitspflicht gaben sie gegenüber den Korruptionsfahndern an, sich weder an B.'s Auftritt, noch an besagte Besprechung erinnern zu können.

Doppelte Bewertungsliste?

Dass Zeugin S. – die sich wegen dieser Zustände später aus der Wirtschaftsabteilung versetzen ließ – die Geschichte nicht erfunden hat, untermauert ein Beweisstück, das erst im Mai 2011 in den Akt gelangte. Es handelt sich dabei um das erste, von der Wirtschaftsabteilung erstellte Ranking, in das die Punktebewertungen der Kommissionsmitglieder einflossen.

In die nächste Runde sollten die Firmen Janus Multiservice, IGK Hainzl und Trenkwalder aufsteigen, AGO rangierte mit 402 Punkten abgeschlagen auf Rang vier und wäre damit ausgeschieden. Bis zu jener denkwürdigen Besprechung mit Verwaltungsdirektor B.

Danach war alles anders. AGO sprang von Rang vier auf zwei und stieg in die nächste Runde auf. Allerdings blieb Janus Multiservice – das, so der Verdacht, auch bei der großen Ausschreibung im Jahr 2010 von AGO übervorteilt wurde – Bestbieter. Geschäftsführer Dragan Janus wollte den Fall gegenüber der „Presse“ nicht kommentieren. Dem Staatsanwalt erzählte er jedoch bei seiner Einvernahme, dass ihn die AKH-Beamten nach der Zwischenrunde darauf hinwiesen, dass mit V-KMB/Manpower ein Konkurrent im Rennen sei, gegen den er keine Chance hätte und deshalb vorzeitig seine Bewerbung zurückziehen solle. Für ihn würden sich schon andere Geschäftsfelder ergeben. Janus kam der Aufforderung nach.

Stimmt seine Behauptung, hätten die betroffenen Beamten gleich zwei Probleme. Erstens: Information über Mitbieter sind während eines laufenden Verfahrens illegal. Zweitens: Die Information war glatt gelogen. V-KMB schaffte es nämlich nicht einmal in die Zwischenrunde.
Es besteht der dringende Verdacht, dass Janus und auch andere Unternehmen ganz bewusst in die Irre geführt oder übervorteilt wurden. Zu diesem Schluss kommt auch einer der ermittelnden BAK-Beamten, der kürzlich in einem Amtsvermerk festhielt, dass „aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht nachvollzogen werden konnte, warum einige Firmen vorzeitig aus dem Verfahren ausgeschieden wurden“. Interessant an diesem Auftrag ist auch, dass er für AGO der Türöffner für die spätere 50 Mio. Euro-Ausschreibung war. Um für eben diese überhaupt zugelassen zu werden, verlangte die selbe Wirtschaftabteilung einen Referenzauftrag, der genau auf die Vergabe des Jahres 2005 passte.

Insgesamt führt die KStA vier Beamte und den AGO-Geschäftsführer als Beschuldigte. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. B.'s Anwalt, sein Sohn, will die Vorwürfe nicht kommentieren. Wiens Stadtregierung und der Krankenanstaltenverbund weisen jegliche Verantwortung zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12. August 2011)

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