Hofreitschule: Schwarze Zahlen für Weiße Pferde?

Hofreitschule Schwarze Zahlen fuer
Hofreitschule Schwarze Zahlen fuer(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Mit einem harten Sparkurs saniert Direktorin Elisabeth Gürtler die Hofreitschule. Ihre Gegner sehen dadurch einen Qualitätsverlust und fordern eine Abkehr von der Privatisierung.

Wien. Zu den Pflichtbesuchen vieler Wien-Touristen zählt auch die Hofreitschule. Knapp 300.000 Besucher kommen jedes Jahr in die traditionsreiche Pferde-Institution am Michaelerplatz. Und diese Woche am Donnerstag gibt es ein weiteres Highlight: Die Hofreitschule „Cordoba Ecuestre“ ist zu Gast in Wien und zeigt anlässlich einer Fundraising-Gala die „Anmut der andalusischen Pferde“.

Doch hinter den Kulissen der Hofreitschule tobt seit Monaten ein erbitterter Streit, von dem die Zuseher wohl wenig mitbekommen. Im Mittelpunkt der Angriffe steht Sacher-Chefin Elisabeth Gürtler, die im November 2007 als erste Frau die Geschäftsführung der Spanischen Hofreitschule übernommen hatte.

Sind die Hengste überlastet?

Die Qualität der Hofreitschule sei seit ihrem Amtsantritt drastisch gesunken, heißt es in Onlinepostings, in Aussendungen und Artikeln einiger Boulevardmedien. Schuld sei Gürtlers harter Sparkurs, durch den die Pferde überlastet seien. Die Direktorin setzt sich zur Wehr: „Man muss sich anschauen, wer so etwas sagt“, meint sie im Gespräch mit der „Presse“. „Das geht alles vom ,Freundeskreis der Hofreitschule' aus und das sind durchwegs Leute, die eine Abrechnung mit uns haben, die immer schon gegen die Privatisierung waren, die alte Privilegien zurück wollen und die mit ihrer Kampagne erreichen wollen, dass ich einen außer Dienst gestellten Oberbereiter wieder engagiere.“

Als Gürtler die Hofreitschule übernahm, erbte sie Probleme. Die Anfang 2001 (gemeinsam mit dem Gestüt Piber) aus der Bundesverwaltung ausgegliederte Hofreitschule hatte einen großen Schuldenberg angehäuft. Und bald nach ihrer Amtsübernahme rückte der Rechnungshof an und übte scharfe Kritik – vor allem an den hohen Gehältern der Oberbereiter und an den hohen Tourneezulagen.

Gürtler erhöhte die Zahl der Aufführungen deutlich und verordnete einen Sparkurs, dabei setzte sie bei den hohen Gagen an. Was den Rechnungshof erfreute, erzürnte ihre Gegner. „Die Qualität der Aufführungen ist seit Gürtlers Sparkurs so deutlich gesunken, dass dies schon fast jeder sieht“, sagt Josef Offenmüller, der Sprecher des „Freundeskreises der Spanischen Hofreitschule“. Die Hengste seien überlastet und daher oft krank, zum Training sei wegen der vielen Aufführungen zu wenig Zeit.

„Stimmt alles nicht“, sagt Gürtler, das könnten Tierärzte belegen. Außerdem seien nachweislich auch in den 1960er-Jahren unter dem legendären Oberst Podhajsky zehn Prozent der Pferde einmal pro Jahr krankheitshalber ausgefallen.

Neue Konkurrenzgesellschaft

Offenmüller hatte sich früher in der „Gesellschaft der Freunde der spanischen Hofreitschule“ engagiert, einer Organisation, die sich seit vielen Jahren für die Lipizzaner einsetzt und auch Gürtler unterstützt. Weil ihm aber beim Kurs der Hofreitschul-Chefin die „kulturelle Dimension“ fehlte, trat er aus und gründete mit anderen eine Konkurrenz-Gesellschaft, den „Freundeskreis der Hofreitschule“.

Und dieser will in jedem Fall eine Abkehr von der Privatisierung. „Man muss die Lipizzaner wie eine Kulturinstitution behandeln und ihnen Subventionen geben. Man fordert ja bei Hochkulturstätten wie den Bundestheatern auch keinen Gewinn“, sagt Offenmüller zur „Presse“.

Vor wenigen Tagen hat die Auseinandersetzung einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Grund: Ein Bereiter hat sich das Leben gekommen. Das sei auf Gürtlers unmenschlichen Führungsstil zurückzuführen, wurden andere Bereiter zitiert – anonym, weil sie sonst Konsequenzen befürchten müssten, hieß es in Medienberichten. Und: Es drohe Streik und der Beirat, der die Reiter vertritt, habe sich aufgelöst. „Alles nachweislich nicht wahr“, sagt Gürtler und ist empört. „Da wird ein tragisches Ereignis von einigen Leuten missbraucht, um persönliche Dinge durchzubringen.“

Mittlerweile ist die Debatte um die Lipizzaner um eine skurrile Facette reicher. Jetzt steht auch Niki Berlakovich, seines Zeichens (schwarzer) Landwirtschaftsminister und oberster Herr der Hofreitschule, im Schussfeld. Der „Freundeskreis“ sieht die Pferde woanders besser aufgehoben: Die Lipizzaner sollten kompetenzmäßig ins (rote) Kulturministerium von Claudia Schmied übersiedeln.

Schmied ist interessiert

Diese zeigt sich überraschenderweise gar nicht abgeneigt. Ja, sie habe Interesse. Die Hofreitschule würde gut in die Wiener Kulturmeile passen, hieß es in ihrem Büro. Und nicht zuletzt sei Schmied selbst staatlich geprüfte Reitlehrerin gewesen. Aber nachdem Berlakovich ohnehin schon „Nein“ dazu gesagt habe, sei dies jetzt kein Thema mehr. Zumindest bis nach der nächsten Wahl, wenn Kompetenzen neu verteilt werden.Gürtler sieht dem gelassen entgegen. Der Rechnungshof hat sie erst jüngst wegen des Sparkurses gelobt. Und möglicherweise gehen sich für heuer in der Bilanz schwarze Zahlen aus, gibt sich die Hofreitschul-Chefin optimistisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2011)

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