"Es ist gescheitert": EU-Waffenembargo endet am 31. Mai

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gescheitert EUWaffenembargo endet(c) Reuters (GORAN TOMASEVIC)
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Es ist eine Blamage für die EU-Außenpolitik: Großbritannien und Frankreich haben sich durchgesetzt: Ab 1. Juni können Waffen an syrische Rebellen geliefert werden. Wirtschaftliche und zivile Sanktionen bleiben - vorerst.

Die Verhandlungen waren kontrovers, zäh und dauerten bis in die Nacht: Stundenlang waren die Eu-Außenminister am Montag bemüht, eine einheitliche Haltung zu Waffenlieferungen an die syrische Opposition zu finden. Gegen Mitternacht dann die Absage: "Es ist gescheitert, dass wir eine gemeinsame Position haben, damit läuft das Sanktionenregime aus", sagte Österreichs VP-Vizekanzler Michael Spindelegger.

Damit können Großbritannien und Frankreich wie gewünscht ab 1. Juni Waffen an die syrischen Rebellen liefern. Allerdings betonte der britische Außenminister William Hague noch in der Nacht gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: "Wir haben derzeit keine Pläne, Waffen nach Syrien zu schicken. Aber das heutige Ergebnis gibt uns diese Möglichkeit in der Zukunft, wenn sich die Situation weiter zuspitzt."

Wirtschaftliche und zivile Sanktionen bleiben

Lediglich in puncto bestehender wirtschaftlicher und ziviler Sanktionen gegenüber dem Regime von Syriens Machthaber Bashar al-Assad ließ sich ein Kompromiss erzielen: "Das, was jetzt noch gelungen ist, ist, dass wir uns gemeinsam in einer politischen Erklärung darauf verständigt haben, zumindest Sanktionen aufrecht zu halten", hielt Spindelegger fest. So bleiben Einreiseverbote und Kontensperren, finanzielle und Handels-Sanktionen sowie weitere Import- und Exportverbote mit Ausnahme von Waffenlieferungen für weitere zwölf Monate aufrecht.

In der Erklärung verpflichteten sich die 27 Staaten außerdem, vor dem 1. August das gesamte Sanktionenregime wieder zu überprüfen - auf Grundlage eines Berichts der Hohen Vertreterin Catherine Ashton und nach Konsultationen mit den UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon. Eine freiwillige Selbstverpflichtung, bis 1. August keine Waffen zu liefern, gebe es aber nicht.

Exportlizenzen nötig

Zu den nunmehr möglichen Waffenlieferungen heißt es in der Erklärung der Außenminister, die EU-Staaten würden "angemessene Garantien gegen den Missbrauch von Zulassungen", "insbesondere relevante Informationen bezüglich der Endverbraucher und des Endziels der Lieferungen" benötigen. Exportlizenzen dürften nur nach den entsprechenden EU-Kriterien von 2008 erteilt werden.

Zu diesen im gemeinsamen Standpunkt 944 festgelegten Merkmalen zählen etwa Menschenrechte, regionale Sicherheit, Terrorismus und das Risiko einer nicht gewünschten Weiterverbreitung von Waffen. Eine objektive Prüfung dieser Kriterien "muss zu einer Verweigerung jeglicher Exportlizenz für die beabsichtigte Lieferung von Waffen an die syrische Opposition führen", heißt es in einem vor dem Treffens zirkulierendem österreichischen Positionspapier.

Blamage für EU-Außenpolitik

Mir dem Scheitern der Verhandlungen hat sich die EU hinsichtlich einer einheitlichen Außenpolitik blamiert: Denn sie spricht in der derzeit wohl relevantesten außen- und sicherheitspolitischen Frage nicht mit einer Stimme. Appelle an die syrische Opposition, endlich eine gemeinsame Führung zu formieren, können bei der in Brüssel herrschenden Zwietracht kaum ernst genommen werden.

Ashton versuchte dennoch zu beschwichtigen: "Die Mitgliedstaaten können unterschiedliche Positionen haben. Aber das bedeutet nicht, dass wir unsere Fähigkeit verloren haben, einen gemeinsame Politik zu haben." Auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle ortete zumindest einen Teilerfolg. "Es stand bis zu spätester Stunde Spitz auf Knopf", schilderte er. Dass man doch noch einen "gemeinsamen Nenner" finden würde, sei im Vorfeld alles andere als sicher gewesen (>> weitere Reaktionen).

Spindelegger zeigte sich - schon vor der offiziellen Bekanntgabe des Scheiterns um Mitternacht durch Hague - hingegen "verärgert" und sah "einen bitteren Nachgeschmack". In Hinblick auf Paris und London kritisierte er: "Wenn zwei etwas wollen, können nicht 25 hinterherspringen." Großbritannien habe die Führungsrolle bei den Befürwortern einer Aufhebung des Waffenembargos übernommen. "Frankreich war aufseiten Großbritanniens, aber nicht so laut." Auch Russland schäumte: Die Aufhebung des Embargos schade "direkt" den Bemühungen um eine Befriedung des Konflikts, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Riabkow der Agentur ITAR-TASS am Dienstag.

Golan-Mission "außerordentlich schwierig"

Über das weitere UNO-Engagement Österreichs am Golan werde Österreich erst beraten, sagte Spindelegger. Er sei aber skeptisch: "Für uns wird es außerordentlich schwierig, die Mission weiter aufrecht zu halten." Derzeit sind rund 380 österreichische Soldaten im syrisch-israelischen Grenzgebiet stationiert. "Vorbereitet sein muss man. Heute gibt es aber noch keine Notwendigkeit zum Abzug, weil noch nichts geliefert wird", so Spindelegger. Nun gelte es, die derzeitige Gemengelage seriös durchzuarbeiten. Auch ein Gespräch mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sei geplant.

Ein Abzug Österreichs würde das Ende der seit 1974 bestehenden Mission bedeuten, erklärte der Leiter der Gruppe Einsatzgrundlagen im Verteidigungsministerium am Montag.

Pro und Contra: Waffenlieferungen

In der Frage des Waffenembargos waren die EU-Mitgliedsstaaten bis zuletzt tief gespalten: Auf der Seite der Hardliner traten Großbritannien, unterstützt von Frankreich, und etwas leiser von Italien und Zypern, dafür ein, die syrische Opposition im Kampf gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad zu bewaffnen.

Dem gegenüber standen fünf Länder, die die Aufhebung des Waffenembargos nicht zulassen wollten. Österreich führte diese Gruppe als Wortführer an, nicht zuletzt, weil es um die Sicherheit seiner auf den Golan-Höhen stationierten UNO-Soldaten bangt. Unterstützt wurde Österreich von Finnland, Schweden, Tschechien und Rumänien.

(APA/dpa/AFP/Reuters/Red. )

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