Schwedens Außenministerin Margot Wallström spricht im Interview über Syrien-Verhandlungen und die Flüchtlingskrise.
Deutschland und Österreich haben vorübergehend wieder Grenzkontrollen eingeführt, um den Flüchtlingsstrom zu verringern. Wird es auch in Schweden einen Punkt geben, an dem Sie sagen: Jetzt ist es genug?
Margot Wallström: Nein, das sehe ich nicht. Wir glauben, dass wir uns an den Gesetzesrahmen halten sollten, den wir in der Europäischen Union haben. Daran müssen wir festhalten. Es gibt eine Anzahl von praktischen Problemen, mit denen wir fertig werden müssen. Aber bisher wollen wir weiter eine Politik betreiben, die großzügig ist. Wir glauben trotzdem, dass man die Verantwortung mit anderen EU-Staaten teilen muss. Das wird auch uns helfen. Deshalb sind wir für ein verpflichtendes System für die EU-Länder.
Sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen des EU-Sondergipfels?
Die Entscheidung über die Verteilung von 120.000 Flüchtlingen war ein wichtiger Schritt. Jetzt haben wir ein Format, und wir können entlang dieser Linien weitermachen.
Bei der Entscheidung über die Quoten wurden vier osteuropäische Staaten überstimmt. Birgt die Flüchtlingskrise eine Gefahr für die Einheit Europas?
Einige Länder, die anfänglich sehr skeptisch waren, sind dann doch mit uns mitgegangen, weil sie sehen, dass es eine außergewöhnliche Situation ist. Und dann geht es darum, wie wir die Sache managen. Natürlich müssen wir diese Länder respektieren, die enorme Probleme haben, mit der schwierigen Situation umzugehen. Aber wir wollen weiter konstruktiv und großzügig sein.
Österreich und einige andere europäische Länder plädieren dafür, das Assad-Regime bei der Lösung des Syrien-Konflikts miteinzubeziehen. Was halten Sie davon?
Ich bin, ehrlich gesagt, sehr skeptisch. Und ich würde gern wissen, was das Signal ist, das man damit aussenden möchte, und was man damit erreichen würde, bevor ich dazu eine klare Position beziehe. Ich sehe nur nicht, was genau die Rolle von jemandem sein sollte, der siebenmal so viele Menschen wie IS (die Terrormiliz Islamischer Staat, Anm.) ermordet hat und Fassbomben und andere Waffen gegen sein eigenes Volk richtet.
Was ist Ihr Ansatz zur Syrien-Krise?
Das müssen wir innerhalb der EU diskutieren.
Steckbrief
1988 wird Margot Wallström (geb. 1954 Stockholm) Jugendministerin. Von 1994 bis 1996 ist die Sozialdemokratin Kulturministerin, danach bis 1998 Sozialministerin.
1999 bis 2004 ist sie EU-Umweltkommissarin, danach bis 2010 Vizepräsidentin der Kommission.
2014 Wallström wird Schwedens Außenministerin. EPA
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2015)