Dienstrecht: Sexuelle Belästigung verjährt später

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Kampf gegen Diskriminierung im Bundesdienst: Gesetz bringt Ausweitung der Verjährungsfrist und eine Aufwertung von Nichtregierungsorganisationen.

Wien. Im Vordergrund stand in der Öffentlichkeit die Verschärfung der Bestimmungen über Amtsverlust und Suspendierungen, wenn Bundesbedienstete verurteilt werden. Festgeschrieben werden mit der aktuellen Novelle des Dienstrechts für Beamte und Vertragsbedienstete des Bundes unter anderem auch neue Tarife für die Prüftaxen der Lehrer in Neuen Mittelschulen. Die bereits in der Vorwoche vom Nationalrat beschlossene Novelle zum Dienstrecht bringt ab dem kommenden Jahr jedoch auch eine bisher kaum beachtete Änderung: Die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen zur Gleichbehandlung im Bundesdienst wird künftig aufgewertet. Mit dieser Geste in Gesetzesform soll der Stellenwert der Bekämpfung von Diskriminierungen im öffentlichen Dienst erhöht werden.

Frist nun drei Jahre statt einem

Es gibt darüber hinaus allerdings noch eine bisher unbeachtete Neuerung, die die Möglichkeiten Betroffener im Einzelfall ausweitet: Mit der Novelle zum Dienstrecht werden nämlich die Fristen, um gerichtlich und/oder vor einer Dienstbehörde Ansprüche nach einer Belästigung geltend zu machen, verlängert. Um Ansprüche für erlittene persönliche Beeinträchtigungen zu melden, gilt ab 2013 für Vertragsbedienstete und Beamte des Bundes eine dreijährige Verjährungsfrist, bisher war es ein Jahr.

Begründet wird dies in den Gesetzeserläuterungen so: „Erfahrungen in der Praxis belegen, dass viele Personen im Falle einer Belästigung, auch wenn es sich nicht um eine sexuelle Belästigung handelt, das ihnen widerfahrene Unrecht erst verarbeiten müssen, um sich dann zu einem Verfahren zur Geltendmachung von Ansprüchen zu entschließen.“ Und weiter: „Die derzeit geltende Einjahresfrist erscheint hierfür als zu gering bemessen, sodass eine Ausdehnung analog der sexuellen Belästigung auf drei Jahre vorgesehen werden soll.“

Im Gesetz ist jetzt außerdem ausdrücklich ein „Dialog mit Nichtregierungsorganisationen“ zur Bekämpfung von Diskriminierungen im Staatsdienst verankert. Bemerkenswert ist dabei schon allein die Formulierung. Denn dabei wird wörtlich verpflichtend vorgeschrieben, dass „die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler“ künftig „mindestens einmal pro Jahr“ einen derartigen „Dialog“ mit Nichtregierungsorganisationen führen muss. Anschließend heißt es als Erklärung dazu weiter: „Deren Zielsetzung ist es, Diskriminierungen im Sinne des Bundesgesetzes zu bekämpfen und die Einhaltung des Gleichbehandlungsgesetzes zu fördern.“ Näher definiert ist die Form dieses Dialogs im Gesetz allerdings nicht.

Es handelt sich um eine Änderung, mit der eine bisher freiwillige Usance fixiert wird. Denn de facto wird eine bereits während der Amtszeit von Beamten- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) seit Dezember 2008 bestehende Praxis nunmehr offiziell im Gesetz verankert. Schließlich hat die Ressortchefin, wie der „Presse“ in ihrem Büro erklärt wurde, schon bisher einen solchen Dialog mit Gruppierungen, die sich mit der Gleichbehandlung im Bundesdienst beschäftigt haben, geführt.

„Dialog“ mit der Ministerin

Konkret galt dies unter anderem insbesondere für Organisationen, die sich beispielsweise um die Diskriminierung von Frauen im Staatsdienst angenommen haben. Nachdem im Bundeskanzleramt die Beamten- und Frauenministerin für die Gleichbehandlungsangelegenheiten zuständig ist, wird der nun gesetzlich vorgeschriebene Dialog mit Nichtregierungsorganisationen weiter mit der Ministerin in Vertretung des Bundeskanzlers erfolgen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2012)


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