Beamte: Warnung vor Festhalten am Gehaltsmodell

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Ein Expertenbeirat drängt die Regierung zu höheren Einstiegslöhnen und flacheren Gehaltskurven für Beamte. Umstellung auf ein neues Besoldungsschema im öffentlichen Dienst wurde auf Eis gelegt.

Wien. Die Umstellung auf ein neues Besoldungsschema im öffentlichen Dienst wurde von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) wegen des Sparkurses der Regierung auf Eis gelegt. Ein von ihr eingesetzter Expertenbeirat warnt aber vor einem Fortschreiben des geltenden Gehaltsmodells und empfiehlt, den seit Jahren diskutierten Umstieg auf höhere Einstiegsgehälter und eine danach flachere Gehaltskurve bei insgesamt gleich bleibenden Lebenseinkommen vorzunehmen.

Derzeit steht zwar das Kräftemessen um die Erhöhung der Gehälter für 2012 – morgen, Dienstag, berät die Gewerkschaft das weitere Vorgehen – im Vordergrund. Die Regierung gerät aber bei der Totalumstellung des Besoldungssystems in die Bredouille. Die Vorschläge im 35 Seiten starken Expertenkonzept werden im Bundesdienst intern und auch online für die Bevölkerung unter www.reformdialog.at zur Diskussion gestellt. Die Fachleute kommen zum Schluss: „Das bestehende Modell der Arbeitsplatzbewertung mit seiner Vielzahl an Funktionsgruppen zeigt sich als faktisches Mobilitätshindernis.“

Im Zusammenhang mit dem geltenden System der Entlohnung wird gewarnt: „Die Fortführung der bestehenden Einkommensverläufe mit niedrigem Einstiegseinkommen und einem stark senioritätsorientierten Verlauf würde dazu führen, dass gute Mitarbeiter nicht kommen und die schlechten bei stetig steigenden Einkommen nicht mehr freiwillig gehen.“ Ziel müsse ein flexiblerer Personaleinsatz sein.

Um diesen sicherzustellen, soll der Austausch von Personal zwischen Wirtschaft und Verwaltung vorangetrieben werden. Ein Nebeneffekt wäre, dass dadurch auch „neue Idee in die Verwaltung einfließen.“ Voraussetzung für einen solchen gewünschten Wechsel sei eine „marktgerechte Entlohnung“ auch in der Verwaltung. Hintergrund ist die Befürchtung, dass sonst fähige Mitarbeiter von der Privatwirtschaft „abengagiert“ werden und andere Beschäftigte, die nach dem jetzigen Gehaltsschema im Laufe der Karriere für den Dienstgeber Bund deutlich teurer werden, im Staatsdienst bleiben.

Nicht nur der Austausch zwischen Bundesdienst und Wirtschaft soll ausgebaut werden, sondern auch der Wechsel zwischen den Gebietskörperschaften, zwischen Bundes-, Landes- und Gemeindedienst müsse erleichtert werden. Mit einem flexibleren Dienstrecht und ohne auf das Instrument von Sonderverträgen („Beamtinnen und Beamte auf Zeit“) zurückgreifen zu müssen, betonen die Autoren des Reformkonzepts. Es solle darüber hinaus auch flexiblere Arbeitszeitmodelle geben, die sowohl die Interessen des Dienstgebers als auch jene der Beschäftigten „angemessen berücksichtigen“.

Der Beirat schlägt auch Neuerungen beim Einsatz älterer Mitarbeiter im Bundesdienst vor. Ähnlich wie die Sozialpartner in einem Konzept an die Regierung angeregt haben, per Gesetz zu ermöglichen, dass ein „Nebeneinander“ von Pension und Berufstätigkeit zulässig ist. Diese Idee geht in die Richtung einer Teilpension kombiniert mit Teilzeitarbeit für ältere Bundesbedienstete. Das wäre eine Änderung: Beamte im Staatsdienst dürfen derzeit im Gegensatz zu ASVG-Versicherten unbeschränkt mit einer anderen Tätigkeit dazuverdienen, wenn sie vorzeitig ganz aus dem Dienst ausscheiden und damit in Frühpension gehen.

Gleitender Übergang in Pension

Insgesamt drängt der Beirat darauf, die Möglichkeit des gleitenden Überganges in den Ruhestand innerhalb eines „größeren Zeitfensters“ auszubauen. Im Konzept wird die Zeitspanne vom 60. bis zum 70. Lebensjahr angeführt. Wer vor dem 65. Lebensjahr (für männlich und weibliche Beamte ist dies das reguläre Pensionsantrittsalter) in den Ruhestand geht, müsste eine Kürzung der Pensionsansprüche hinnehmen. Längeres Arbeiten über 65 hinaus solle zu einer Pensionserhöhung führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2011)

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