George Soros: "Russland raus aus G-8"

Exklusiv für die "Presse" spricht der Milliardär George Soros über seine Demokratieprojekte in Osteuropa und sein Engagement für die Roma.

Die Presse: Sie unterstützen seit vielen Jahren die Demokratiebewegungen in Osteuropa. Jetzt widmen Sie sich immer mehr den Problemen der Roma. Warum hat ein beinharter Geschäftsmann wie Sie so ein großes Herz für benachteiligte Gruppen? Ist das nicht ein Widerspruch?

George Soros: Das Roma-Problem ist das ernsteste und trotzdem am meisten vernachlässigte Minderheitenproblem in Europa. Wir sprechen von neun Millionen schwer benachteiligter Menschen, die unter furchtbaren Umständen leben müssen. Das macht sie zu einer negativen Kraft in der Gesellschaft. Meine Fonds in Osteuropa haben seit jeher den Roma große Aufmerksamkeit geschenkt.

In Ungarn hilft die Foundation seit ihrer Gründung den Roma in Fragen der Bildung und der Kultur. Dabei hat es sehr positive Resultate gegeben. Wir haben nun eine Gruppe gebildeter junger Roma, die auch offen und selbstbewusst als Roma auftreten.

Zum zweiten Teil der Frage: Warum habe ich eigentlich Foundations? Die Antwort ist ganz einfach: Ich bin und war zuerst einmal ein Mensch. Erst dann wurde ich ein Geschäftsmann. Nachdem ich genug Geld verdient hatte, wollte ich etwas davon für einen guten Zweck ausgeben.

Das von Ihnen unterstützte Roma-Projekt ist nur auf Ost- und Südosteuropa beschränkt. Es gibt aber auch Probleme mit Roma in Westeuropa, etwa in Italien oder Großbritannien.

Soros: Es wäre auch in Österreich wichtig, mehr über Roma zu sprechen. Auch hier gibt es viele Vorurteile. Wir würden es sehr begrüßen, wenn auch Österreich bei der Initiative der ost- und südosteuropäischen Staaten mitmachen würde. Immerhin kommen immer mehr Roma aus den Nachbarländern nach Österreich.

Gibt es schon Signale, dass auch westeuropäische Länder bei der Initiative mitmachen wollen?

Soros: Die Spanier haben bereits Interesse angemeldet. Die EU und vor allem die Westeuropäer müssen das Projekt unterstützen.

Großbritanniens Einreisebeschränkungen für Roma aus der Tschechischen Republik sind soeben als illegal eingestuft worden. Wenn die Briten jetzt Roma bei der Einreise nicht mehr diskriminieren dürfen, müssen sie mit einer neuen Einwanderungswelle rechnen. Es ist also im eigenen Interesse der Briten, sicherzustellen, dass die Roma in ihren Ursprungsländern etwa Zugang zu besserer Bildung bekommen.

Sie haben in den vergangenen Jahren sehr viel in den Aufbau offener Gesellschaften in Ost- und Südosteuropa investiert. Was muss dabei noch getan werden?

Soros: Gerade das Thema Roma ist eines der wichtigsten für die Region. In den Balkan-Ländern findet man natürlich noch eine Reihe anderer ungelöster Probleme: die ungeklärten Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro, das Kosovo-Problem und die Schwierigkeiten in Bosnien-Herzegowina. Diese Themen müssen angegangen werden und benötigen eine europäische Initiative.

Ihre Foundation war sehr erfolgreich bei der Unterstützung von Demokratiebewegungen: zuerst der Machtwechsel in Serbien, dann in Georgien und jetzt in der Ukraine. Glauben Sie, dass sich Autokraten wie etwa der weißrussische Präsident Lukaschenko langsam vor Ihnen zu fürchten beginnen?

Soros: Ja, es scheint so. Lukaschenko hat mich hinausgeworfen, Usbekistans Karimow hat mich hinausgeworfen. Der Grund dafür ist, dass es in diesen Ländern repressive Regime gibt, die Angst vor einer demokratischen Revolution haben. Diese Revolutionen sind aber sicher nicht das Werk unserer Foundation, sondern das der Menschen des jeweiligen Landes.

Was nun in der Ukraine geschehen ist, macht Regime in anderen Staaten sehr nervös. Das macht auch Putin sehr nervös.

Sie erwähnen Russlands Präsident Wladimir Putin. Was denken Sie über die Lage in Russland, etwa hinsichtlich der Medienfreiheit?

Soros: Russland ist keine funktionierende Demokratie mehr. Es gibt keine unabhängigen Massenmedien, es gibt keine politische Opposition und die Justiz ist von der Regierung abhängig. Russland hat Rückschritte gemacht.

Wie sollten die Europäer und die Amerikaner darauf reagieren?

Soros: Sie müssen die Realität zur Kenntnis nehmen. Als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft bei den G-8-Staaten (wichtigste Industriestaaten, Anm.) muss man eine Demokratie sein. Russland ist deshalb nicht länger dazu qualifiziert, ein Mitglied der G-8 zu sein.

Europa ist von Moskaus Energielieferungen abhängig. Deshalb ist es unwillig, die negativen politischen Veränderungen in Russland zur Kenntnis zu nehmen.

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