Petraeus-Affäre: "Halte dich von meinem Kerl fern"

Halte dich meinem Kerl
Halte dich meinem Kerl(c) AP (Pablo Martinez Monsivais)
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Die Affäre des zurückgetretenen CIA-Chefs Petraeus mit seiner Biografin schlägt Wellen. Paula Broadwells Droh-Mails an eine "Rivalin" hatten alles ins Rollen gebracht.

Washington. Auf der Veranda stapelten sich die Tortenschachteln mit den Kerzen, doch die Party war bereits abgeblasen. Per E-Mail informierte Scott Broadwell Freunde und Verwandte kurzfristig von der Absage. Das Fest zum 40. Geburtstag seiner Gattin im Haus ihres Bruders in Washington könne diesen Samstag leider nicht stattfinden. Denn Paula Broadwell steht im Mittelpunkt einer Affäre, die sich wie ein zweitklassiger Spionagethriller liest – aber CIA-Chef David Petraeus Kopf und Kragen gekostet hat.

Alle Beteiligten einer womöglich pikanten Dreiecksbeziehung sind abgetaucht: Petraeus, seine Biografin Paula Broadwell (Buchtitel: „All In“) und jene zweite – noch anonyme – Frau, die den Skandal erst ins Rollen gebracht hatte. Per E-Mail hatte Paula Broadwell nämlich vor Monaten begonnen, die vermeintliche Rivalin einzuschüchtern. „Ich weiß, was du getan hast“, heißt es darin kryptisch. „Verschwinde.“ Und: „Halte dich von meinem Kerl fern.“

Die Frau fühlte sich davon so bedroht, dass sie um Polizeischutz bat und sogar das FBI einschaltete. Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Bei einer Routineuntersuchung stieß das FBI rasch auf die Spur des CIA-Chefs, auf dessen heiße Liebesschwüre für Broadwell und auf verfängliche Details einer Affäre – Sex unter dem Schreibtisch etwa, wie das Boulevardblatt „New York Post“ aus dem FBI-Untersuchungsbericht zitiert.

Das FBI kam zur Erkenntnis, dass Broadwell sich womöglich Zugang zum privaten E-Mail-Konto des CIA-Chefs verschafft haben könnte. Spätestens da rangen die Alarmglocken, plötzlich stand ein Sicherheitsrisiko im Raum: Waren Staatsgeheimnisse gefährdet? Ein Geheimdienstmann plauderte alles aus, und so bekam Eric Cantor, Nummer zwei der republikanischen Fraktion im Kongress, Wind davon.

Das Weiße Haus erreichte die Kunde von der möglichen Staatsaffäre indessen erst am Dienstag, dem Wahlabend. Geheimdienst-Koordinator James Clapper forderte General Petraeus unverzüglich zum Rücktritt auf. Es dauerte indes bis zum Freitag, bis Präsident Barack Obama widerwillig die Demissionierung des CIA-Chefs akzeptierte. Sein eigener Ehrenkodex ließ dem West Point- und Princeton-Absolventen Petraeus keine Alternative: Das Militärrecht führt Ehebruch als Verbrechen an, sofern es „das Ansehen der Streitkräfte“ in Verruf bringt.

Afghanistan-Abenteuer

Broadwell, Prom-Queen und Basketball-Starspielerin ihrer High School aus North Dakota, zudem Triathletin und Dissertantin am King's College in London, hatte Petraeus 2006 bei einem Vortrag an der Harvard Kennedy School of Government kennengelernt. Daraus entstand die Idee eines Buchprojekts über den Vier-Sterne-General mit der „Star-Power“. Broadwell folgte dem asketischen „Professor des Kriegs“ nach Afghanistan, wo er 2010 als Nachfolger des geschassten Oberbefehlshabers Stanley McChrystal ein ähnliches Himmelfahrtskommando übernommen hatte wie Jahre zuvor im Irak.

Aus den gemeinsamen Joggingrunden erwuchs bald ein Nahverhältnis, das Petraeus-Mitarbeiter zusehends irritierte. In ihren Facebook-Einträgen rühmte sich Broadwell offen ihrer Afghanistan-Abenteuer, während ihr Mann Scott, ein Radiologe, daheim in Charlotte in North Carolina die beiden Buben hütete. Sie nannte Petraeus bei seinem Spitznamen, „Peaches“. Petraeus-Adjutanten raunten von einem Verhältnis zwischen „King David“ (sein „Nickname“ bei den Kurden im Nordirak) und „Batsheba“. TV-Komiker Jay Leno feixt jetzt: „Wenn nicht einmal der CIA-Direktor eine Affäre geheim halten kann, habt ihr ein Problem.“

Wie passend, dass Broadwell in der vorwöchigen „Newsweek“-Heldennummer zwölf Petraeus-Regeln publizierte. Nummer fünf: „Wir machen alle Fehler. Wir müssen sie erkennen, zugeben und daraus lernen. Dann weitermachen und sie vermeiden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2012)

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