Geplanter Anschlag: Der polnische Breivik

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Ein Universitätsangestellter soll aus nationalistischen Motiven einen monströsen Anschlag auf das polnische Parlament geplant haben. Inspiriert haben könnte ihn der norwegische Attentäter Anders Bering Breivik.

Wien/Warschau/Ag. Er war kein Freund der jetzigen Regierung, er wollte nicht an einen Selbstmord des polnischen Nationalisten Andrzej Lepper glauben und hatte überhaupt ein Faible für Verschwörungstheorien. Eine Vorliebe hatte Brunon K. auch für Pyrotechnik, wie seine ehemaligen Studenten der „Gazeta Wyborcza“ berichteten. Dass an seiner rechten Hand zwei Finger fehlten, sei einem Sprengstoffunfall geschuldet, habe K., seit knapp einem Jahrzehnt wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Krakauer Agraruniversität, Fachgebiet Organische Chemie, seinen Studenten erklärt.

Attacke während Budgetdebatte

Seit Dienstag ist der 45-jährige Brunon K. mehr als nur ein etwas versponnener wissenschaftlicher Vortragender einer südpolnischen Hochschule. K. wird von den Behörden verdächtigt, einen monströsen Anschlag geplant zu haben. Sein Vorbild soll Anders Bering Breivik gewesen sein. Sein geplantes Anschlagsziel: der Sejm, das polnische Parlament im Zentrum der Hauptstadt Warschau. Der Verdächtige habe „nationalistische und antisemitische Motive“, sagte der Staatsanwalt Mariusz Krason von der Berufungsstaatsanwaltschaft Krakau, die die Ermittlungen in dem Fall führt. Brunon K. soll demnach einen Anschlag zum Zeitpunkt der Parlamentsdebatte über das Staatsbudget geplant haben, da sich an dieser der Staatspräsident, der Ministerpräsident und einige Minister beteiligen. Die Führungsriege des Landes soll er als „fremd“ bezeichnet haben.

K.s Verhaftung fand bereits am 9.November statt. Ihr vorangegangen waren landesweite Hausdurchsuchungen des polnischen Inlandsgeheimdienstes ABW, bei denen Sprengstoff, Zünder, mehr als zehn Waffen und 1100 Stück Munition sichergestellt wurden. Unter den beschlagnahmten Gegenständen befinden sich auch schusssichere Westen und Sturmhauben.

Die Staatsanwaltschaft legt dem Verdächtigen zur Last, er habe eine bewaffnete Gruppe organisieren wollen. Es soll ihm gelungen sein, vier Personen anzuwerben. Offenbar hatte der Verdächtige die Umgebung des Parlamentsgebäudes ausgekundschaftet. Sein Plan soll demnach darin bestanden haben, vier Tonnen Sprengstoff in einem Auto zur Detonation zu bringen.

Nach Angaben der Ermittler zeigte der 45-Jährige nicht nur Bewunderung für den Norweger Breivik, sondern es gibt offenbar auch einen ganz praktischen Konnex: Breivik kaufte Teile für seine Bombe in Polen ein, und der Geheimdienst kam so erst dem Verdächtigen auf die Spur.

Tusk spricht von „Warnzeichen“

Bei der Pressekonferenz führten die Ermittler ein Video vor, das eine Probeexplosion zeigt; das Video soll von Brunon K. stammen. Dem Verdächtigen droht eine Haftstrafe von fünf Jahren. Er habe die Vorwürfe zunächst bestritten, dann aber ausgesagt, hieß es nach Angaben der Behörden.

Als ein „Warnzeichen, dass wir die Sprache der Aggression in der öffentlichen Debatte meiden sollen“, bezeichnete der polnische Premier Donald Tusk den Fall.

Włodzimierz Sady, Rektor der Hochschule, sagte, ihm sei „nichts Besonderes“ an seinem Mitarbeiter aufgefallen. Brunon K.s Lehrtätigkeit wurde vor Kurzem evaluiert. Er erhielt damals die Bewertung „durchschnittlich“.

Auf einen Blick

Polnische Ermittler legen dem 45-jährigen Brunon K. zur Last, einen Terroranschlag auf das Parlament (Sejm) geplant zu haben. Der Mann wurde am 9.November festgenommen. Er soll das Attentat aus nationalistischen und antisemitischen Motiven geplant haben. Offenbar war der Universitätsangestellte auch ein Bewunderer von Anders B. Breivik.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2012)

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