Die Angriffe sollen am Mittwochabend eingestellt worden sein. Die Ägypter, die Arabische Liga, die Türkei, die USA und UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon haben erfolgreich vermittelt.
Im Nahen Osten soll die Vernunft gesiegt haben: Israel und die radikal-islamische Palästinenser-Organisation Hamas haben sich nun doch auf eine Waffenruhe geeinigt. Das erklärten US-Außenministerin Hillary Clinton und der ägyptische Mohammed Kamel Amr in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwochabend in Kairo. Die Einstellung der gegenseitigen Angriffe soll um 20 Uhr MEZ in Kraft getreten sein.
Die Waffenruhe kam zustande, weil alle an einem Strang gezogen haben: Die Ägypter, die Arabische Liga, die Türkei, die USA und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Ägypten hat die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas vermittelt. Doch ohne die "Pendeldiplomatie" der anderen Akteure wäre diese Einigung wohl nicht zustande gekommen. Die VIP-Lounge des Kairoer Flughafens war in den vergangenen Tagen Durchgangsstation für Spitzendiplomaten aus aller Welt.
US-Außenministerin Hillary Clinton flog am Mittwoch zwischen Tel Aviv und Kairo hin und her, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon war auf der gleichen Strecke unterwegs. Alle riefen nach der Feuerpause, die den seit einer Woche andauernden Krieg zwischen Israel und den radikalen Palästinensergruppen im Gazastreifen nun beenden soll. Doch wem hat dieser Krieg genutzt? Und wie groß sind die Chancen darauf, dass diese Waffenruhe mehr ist als nur eine kurze Feuerpause?
Netanjahu und Meshaal als "Sieger"
Arabische Kommentatoren sehen derzeit vor allem zwei Sieger: Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Khaled Meshaal, den Vorsitzenden des Politbüros der Hamas-Bewegung. Netanyahu hat die Infrastruktur der Hamas zerbombt und damit Pluspunkte für den bevorstehenden Wahlkampf gesammelt. Meshaal hat sich, indem er von Ägypten als Verhandlungspartner ausgewählt wurde, im internen Machtkampf der Hamas einen klaren Vorteil verschafft. "Jetzt heißt der Führer Meshaal", stellt die Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat" fest.
"Daily News Egypt": Abbas als Verlierer
Auf der Verliererseite steht nicht nur nach Ansicht der Kairoer Zeitung "Daily News Egypt" Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. Dessen Vorstoß für eine Anerkennung Palästinas als "Nichtmitgliedsstaat" bei den Vereinten Nationen - geplant für Ende November - werde durch den Krieg geschwächt. Der Raum für politische Lösungen sei dadurch weiter begrenzt worden.
Ob der ungleiche Schlagabtausch - die Zahl der palästinensischen Opfer ist wegen der militärischen Überlegenheit von Israels Armee viel höher als die der Gegenseite - dem Iran und Ägypten eher nützt oder schadet, steht dagegen noch nicht fest. Der Iran hat sich jetzt zwar mit seiner Militärhilfe für die Hamas gebrüstet. Mittelfristig könnte er jedoch als Partner der Islamisten von Golfstaaten wie Katar und Saudi-Arabien ersetzt werden.
Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi, der die Leitlinien für seine Politik von der Muslimbruderschaft bezieht, konnte sich zwar als Vermittler profilieren und damit auch das Wohlwollen Washingtons auf sich ziehen. Auf der anderen Seite muss er jedoch aus innenpolitischen Gründen stark darauf achten, nicht zu "israel-freundlich" zu wirken. Vielleicht trat er deshalb nicht selbst vor die Fernsehkamera, um die Waffenruhe zu verkünden.
Angriffe nach Verkündung einer Waffenruhe
Bereits am Dienstagabend war in Kairo mit der Verkündung einer Waffenruhe gerechnet worden. Eine Einigung scheiterte aber in letzter Minute. In der Nacht auf Mittwoch intensivierten dann beide Seiten ihre Angriffe. Die Verhandlungen über eine Waffenruhe wurden am Mittwoch auch von einem Anschlag auf einen Bus in Tel Aviv überschattet, bei dem mindestens 21 Menschen verletzt wurden.
(Red.)