Bombenanschlag überschattet Gaza-Verhandlungen

Bombenanschlag ueberschattet GazaVerhandlungen
Bombenanschlag ueberschattet GazaVerhandlungen c EPA ABIR SULTAN
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Während die internationale Diplomatie in Kairo nach einem Ausweg suchte, zündeten Extremisten einen Sprengsatz in israelischem Bus.

Jerusalem. Es war der erste Bombenanschlag seit sechs Jahren, und er traf die israelische Stadt Tel Aviv unvorbereitet. „Als wir den Knall hörten, dachten wir zuerst, dass das Raketenabwehrsystem Eisenkuppel abgefeuert wurde“, sagte eine Passantin. Doch es war ein Sprengsatz, der gestern, Mittwoch, in einem Linienbus im Zentrum Tel Avivs hochging. 21 Menschen trugen Verletzungen davon. Die Verantwortung für den Terrorakt übernahmen sowohl die „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ als auch die al-Aksa-Brigaden, die der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas nahestehen.

Die Polizei ging zunächst davon aus, dass der Täter die Bombe im Bus versteckte und kurz vor der Explosion ausstieg. Die Hauptverwaltungen der Armee, ein Krankenhaus und mehrere Gerichtsgebäude befinden sich in der Nähe des Anschlagsorts. „Eine Soldatin und zwei Zivilisten lagen neben dem Bus am Boden“, berichtete Tal Adomi, der mit seinem Fahrrad den Unglücksort wenige Minuten nach der Explosion erreichte.

Jubel in Gaza über Anschlag

Im Gazastreifen löste die Nachricht von dem Anschlag euphorische Zustimmung aus. „Solange Israel die Aggressionen fortsetzt, bleiben alle Optionen offen“, sagte Fausi Barhoum, ein Sprecher der islamistischen Hamas, deren Einrichtungen seit mehr als einer Woche von der israelischen Luftwaffe bombardiert werden. Das Attentat sei „eine natürliche Reaktion“ auf die israelischen Angriffe.

Obwohl die Polizei den bisherigen Bekenner-Erklärungen keine große Bedeutung zumisst, wird in Israel davon ausgegangen, dass die Hamas nicht hinter dem Anschlag steckt. Deshalb scheint das Attentat auf die Verhandlungen um einen Waffenstillstand nur bedingten Einfluss zu haben. „Es gibt keinen Zweifel, dass beide Seiten den Waffenstillstand wollen“, sagte Emanuel Rosen, politischer Reporter des israelischen TV-Senders „Channel 10“.

Feuerpause von 90 Tagen

In Ägyptens Hauptstadt Kairo gaben einander die Diplomaten die Klinke in die Hand. Im Anschluss an Gespräche in Jerusalem und bei Palästinenserpräsident Abbas in Ramallah reist US-Außenministerin Hillary Clinton nach Ägypten. Zur Debatte steht offenbar zunächst eine Feuerpause und erst anschließend eine Art Prinzipienerklärung. Die USA drängen auf ein schnelles Einstellen der Kämpfe. Laut „Channel 10“ fordert Israel zunächst eine Feuerpause von 90 Tagen und will erst anschließend das Embargo gegen den Gazastreifen erleichtern. Die Hamas will die Öffnung des Grenzübergangs Rafah nach Ägypten und ein Ende der Seeblockade.

Im Gazastreifen wurden am Dienstag sechs Männer, die unter dem Verdacht standen, mit Israel kollaboriert zu haben, auf offener Straße erschossen. Hamas-Kämpfer banden die Leiche eines der Männer an ein Motorrad und schleiften sie hinter sich her.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2012)

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