Israels Ministerpräsident kritisiert das deutsche Abstimmungsverhalten in der UN-Vollversammlung zum Status der Palästinenser. Die Enthaltung Deutschlands habe den Frieden in der Region "zurückgeworfen".
Vor dem offiziellen Beginn der Regierungskonsultationen in Berlin übte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwoch heftige Kritik an Gesprächspartner Deutschland. So bedankte er sich in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" zwar für die deutsche Unterstützung während des jüngsten Konflikts mit militanten Palästinensern aus dem Gazastreifen. Gleichzeitig betonte er aber: "Es wäre unaufrichtig, wenn ich verhehlen würde, dass ich enttäuscht war" - insbesondere über die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Immerhin habe ihre Enthaltung den Frieden in der Region "zurückgeworfen".
Der deutsche Vize-Regierungssprecher Georg Streiter wollte am Mittwoch auf Netanjahus Kritik an der Regierung nicht näher eingehen. Es sei bekannt, dass Merkel eine andere Auffassung vertrete als die israelische Regierung. Zwischen beiden Ländern gebe es aber eine "unzerbrechliche Freundschaft". Er fügte hinzu: "Je tiefer die Freundschaft, desto freier kann man über unterschiedliche Auffassungen sprechen. Israel weiß genau, dass es sich immer auf Deutschland verlassen kann."
Mit ihrer Enthaltung in New York war die Bundesregierung innerhalb der Europäischen Union in der Minderheit. 14 EU-Partner befürworteten die Aufwertung der Palästinenser auf dem Weg zu einem eigenen Staat. Aus Europa stimmte nur Tschechien ebenso wie Israel mit Nein. Als Dank stattet Netanjahu am Mittwoch vor seinem Aufenthalt in Berlin noch Prag einen Kurzbesuch ab.
Siedlungsbau als Thema
Offiziell soll es bei den vierten Regierungsgesprächen um die Themen Innovation, Nachhaltigkeit und Bildung gehen. Aus Jerusalem sind unter anderem die Minister für Finanzen, Verteidigung und Landwirtschaft dabei. Während des Netanjahu-Besuchs sind in Berlin bis zu 2400 Polizisten zusätzlich im Einsatz, darunter Scharfschützen und Bombenexperten. Es gilt die höchste Sicherheitsstufe. Zu den Gesprächen werden neben dem israelischen Premier noch sechs israelische Minister erwartet. Nur Außenminister Avigdor Lieberman sagte seine Teilnahme kurzfristig ab. Er fühle sich nicht wohl, hieß es.
Noch vor den offiziellen Konsultationen am Donnerstag stand am Mittwochabend im Kanzleramt ein Treffen zwischen Merkel und Netanjahu auf dem Programm. Von deutscher Seite wurde diese Begegnung als "offenes Gespräch unter Freunden" charakterisiert. Merkel wollte dabei auch die israelischen Pläne zum Bau von mehr als 3000 weiteren Wohneinheiten in den Palästinensergebieten ansprechen.
(APA/Red.)