Betrugsanklage: Israels Außenminister tritt zurück

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Dem Chef der rechtsnationalen Partei „Israel Beitenu“ wird vorgeworfen, für eine Geheiminformation über eine Untersuchung gegen ihn einen Außenamtsmitarbeiter begünstigt zu haben.

Jerusalem. Israels Außenminister Avigdor Lieberman ist am Freitag zurückgetreten. Grund dafür: Gegen den Chef der rechtsnationalen Partei „Israel Beitenu“ soll Anklage wegen Betrugs und Vertrauensbruchs erhoben werden. Das Hauptverfahren wegen Korruption und Geldwäsche wird aber eingestellt: Nach Ansicht von Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein sind die Chancen, Lieberman der Korruption und Geldwäsche zu überführen, zu gering. Noch am Donnerstagabend hatte sich Lieberman vor Journalisten selbstbewusst gegeben und erklärt, dass die Vorwürfe, die weiter gegen ihn bestehen bleiben, einen Rücktritt so kurz vor den Wahlen nicht rechtfertigten. Einen Tag später ging er dann aber doch.

Im Zentrum der bevorstehenden Anklage steht der frühere Botschafter in Weißrussland Seew Ben Arie. Er soll Lieberman geheime Informationen über eine Untersuchung zugesteckt haben, die in Weißrussland gegen den Rechtspolitiker lief. Als Lieberman später Außenminister wurde, berief er Ben Arie zunächst als Berater ins Außenamt und ernannte ihn später zum Botschafter.

„Ich habe Zettel in die Toilette geworfen“

Die Fakten seien unbestritten, gab Lieberman nun zu. Es gehe aber um deren Auslegung. Er habe den Zettel, den Ben Arie ihm zusteckte, „angesehen, in die Toilette geworfen, gespült und die Sache vergessen“, behauptet Lieberman. Ben Arie sei von ihm weder befördert worden, noch habe er irgendwelche Vorteile genossen. „Seit 1996 gab es keinen Tag, an dem mein Fall nicht untersucht wurde, ich nicht verhört wurde oder Verdächtigungen gegen mich laut wurden“, schimpfte der nun zurückgetretene Außenminister über die „seit 16 Jahren andauernden Untersuchungen“.

„Komplizierte“ Untersuchungen

Die Staatsanwaltschaft rechtfertigt die lange Vorlaufzeit vor der Anklage damit, dass die Untersuchungen in mehreren Ländern stattfanden und „kompliziert waren“.

In der zweiten Affäre soll es Geldflüsse vom österreichischen Geschäftsmann Martin Schlaff und dem Geschäftsmann Mikhail Chernoy an Lieberman gegeben haben. Das hat Schlaff mehrfach dementiert.

Lieberman könnte Schuld eingestehen

Lieberman wünscht sich einen schnellen Prozess. Möglich ist, dass er seine Schuld eingesteht und einen Vergleich erreicht. „Dies ist ein kleiner Stolperstein auf dem Weg von Liebermans politischer Karriere“, kommentierte Jossi Verter von Haaretz.

Sheli Jechimowitsch, Chefin der Arbeitspartei, verdächtigt den scheidenden Außenminister eines gezielten Ablenkungsmanövers von seinem Verfahren, als er Anfang der Woche den EU-Außenministern eine „judenfeindliche Politik“ vorwarf. Die Sozialdemokratin beschimpfte Lieberman als „besonders extrem und korrupt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2012)

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