Weltbühne frei für "Außenminister" John Kerry

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Weltbuehne frei fuer John(c) REUTERS (JASON REED)
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US-Außenministerin Hillary Clinton liegt erschöpft darnieder. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat steht für die Nachfolge bereit.

Newtown. Hillary Clinton hat sich zu viel zugemutet, und das spiegelt sich in ihren Gesichtszügen wider. Die US-Außenministerin ist erschöpft nach mehr als einer Million Flugmeilen im diplomatischen Shuttle-Service und nach dem Besuch von 112 Staaten, wovon sie viele mehrfach bereist hat. Von Thailand nach Israel, zurück nach Washington, dann nach Prag und Brüssel; zwischendurch Kairo oder Kabul: Hilary Clinton nahm pflichtbewusst alle Strapazen auf sich. Jetzt haben die Ärzte der 65-Jährigen eine einwöchige Ruhepause verordnet.

Bei einem Europa-Trip Anfang Dezember hatte sich Clinton einen Darmvirus zugezogen. Sie lag in ihrem Heim im Washingtoner Diplomatenviertel Kalorama darnieder, dehydriert und ausgelaugt. Als sie vergangene Woche einmal aufstand, klappte sie ohnmächtig zusammen und erlitt eine leichte Gehirnerschütterung. Präsident Barack Obama schickte ihr am Wochenende Genesungswünsche.

Angesehener Außenpolitiker

Ihren Nachfolger hat er indessen bereits parat. Nach der Absage seiner Wunschkandidatin, der umstrittenen UN-Botschafterin Susan Rice, fiel die Wahl auf den zweiten Favoriten: John Kerry. In den kommenden Tagen, verlautete aus dem Weißen Haus, werde der Präsident seine Entscheidung verkünden.

Der Ex-Präsidentschaftskandidat und Langzeitsenator aus Massachusetts ist damit an jenem Ziel angekommen, das er noch 2008 verfehlt hat. Damals gab Obama Hillary Clinton den Vorzug. Als Vorsitzender des prestigeträchtigen außenpolitischen Ausschusses des Senats genießt der 69-jährige Kerry, ein vielseitiger Sportler – Radfahrer, Surfer, Eishockey-Spieler –, der in zweiter Ehe mit der Ketchup-Erbin Teresa Heinz verheiratet ist, über die Parteigrenzen hinaus Ansehen. In den vergangenen Jahren bewies er zudem als geheimer Unterhändler des Weißen Hauses in heiklen Missionen in Afghanistan, Pakistan und Syrien diplomatisches Fingerspitzengefühl.

Während der Präsidentschaftskampagne 2004 hat Karl Rove, George W. Bushs Wahlkampf-Guru, den Vietnam-Veteranen Kerry noch als „Landesverräter“ bezeichnet, weil er den Krieg in Indochina kritisiert hat. Heute loben ihn seine republikanischen Senatskollegen überschwänglich, allen voran John McCain.

Für Barack Obama hat sich John Kerry von Anfang an eingesetzt. Beim Nominierungsparteitag der Demokraten in Boston 2004 bot er ihm als Redner erstmals eine nationale Bühne, die der Nachwuchspolitiker prompt zu nützen wusste. Bei dessen parteiinterner Schlacht gegen Hillary Clinton schlug sich Kerry vier Jahre später auf die Seite Obamas. Und heuer leistete er ihm beim Parteikonvent in Charlotte rhetorische Schützenhilfe gegen Mitt Romney.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2012)

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