Die islamistischen Rebellen von Ansar Dine, al-Qaida im Maghreb und MUJAO haben divergierende längerfristige Strategien und einen gemeinsamen Feind: den Säkularismus.
Bamako/Paris/Wien/Ag./La/Cu. Dass es die Franzosen in Mali nicht leicht haben werden, stand schon vor Beginn ihrer Militärintervention gegen die islamistischen Rebellen letzten Freitag fest. Am Montag stellten die Gotteskrieger klar, dass sie sich nicht durch die französische Luftwaffe einschüchtern lassen. In der Stadt Diabaly in Zentralmali lieferten sich Armee und Extremisten teils heftige Gefechte. Ob es den Islamisten gelungen ist, Diabaly einzunehmen, war zunächst nicht klar.
Nach Einschätzung der französischen Regierung wird die Intervention jedenfalls noch einige Wochen dauern. Laut Verteidigungsminister Yves Le Drian ist es den malischen und französischen Truppen zwar gelungen, die Rebellen im Osten des Landes in die Flucht zu schlagen. Im Westen Malis gebe es allerdings noch Schwierigkeiten mit „extrem gut bewaffneten“ Kämpfern, sagte Le Drian. Woher diese gute Bewaffnung stammt, ist rasch erklärt. Seit dem Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes im benachbarten Libyen 2011 sind unzählige libysche Waffen nach Mali eingesickert.
Einen Teil davon brachten Tuareg, die in Libyen kämpften, mit nach Hause, der Rest wurde auf Schwarzmärkten zusammengekauft.
Die Haupteinnahmequellen von Ansar Dine, al-Qaida im Maghreb (AQIM) und der Bewegung für Einheit und Jihad in Westafrika (MUJAO) sind Schmuggel, Geldwäsche und Erpressung von Lösegeldern. Vor allem der nordafrikanische Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida hat die Entführung von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen zur Kunstform erhoben und gilt als eine der vermögendsten und am besten bewaffneten Gruppen in der Region.
Ambitionierte Ziele
Obwohl AQIM in Mali an vorderster Front kämpft, hat sie ein anderes Ziel: die Ausrufung des Gottesstaates in Algerien, von wo viele ihrer Gründungsmitglieder stammen. Dieser Fokus führte 2011 zum Schisma – und zur Gründung von MUJAO. Deren Mitglieder sind zwar mit der al-Qaida im Maghreb verbündet geblieben, wollen ihren Heiligen Krieg aber auf ganz Westafrika ausweiten.
Somit bleibt Ansar Dine als einzige Rebellengruppe, deren Ambitionen sich ausschließlich auf Mali beschränken. Die „Verteidiger des Glaubens“ rekrutieren sich vor allem aus nordmalischen Tuareg und wollen landesweit die Scharia durchsetzen. Ihr Anführer ist der als „Löwe der Wüste“ bekannte Tuareg-Aktivist Iyad ag Ghaly. Der rund 50-Jährige, der seine Jugend als Gastarbeiter in Libyen und Algerien verbracht hatte, stand 1990 an der Spitze der (säkularen) Tuareg-Rebellion gegen die Zentralregierung in Bamako, führte 1991 die Friedensverhandlungen unter algerischer Vermittlung und war in den darauffolgenden Jahren als Geschäftsmann und Vermittler bei Geiselnahmen tätig. Ghalys Bekehrung zum Salafismus setzte nach der Jahrtausendwende, zeitgleich mit dem Erstarken der al-Qaida in der Region ein – dabei soll der Ansar-Dine-Chef früher dem Whisky zugesprochen haben. Darüber, wie tief verwurzelt Ghalys Glaube in Wirklichkeit ist und ob zwischen ihn, AQIM und MUJAO ein Keil getrieben werden könnte, scheiden sich in westlichen Nachrichtendiensten die Geister. Die EU will sich an den Kämpfen in Mali nicht aktiv beteiligen. Brüssel bleibt beim Plan, 170 Ausbildner nach Bamako zu schicken, die Malis Armee unterstützen sollen.
Darabos lehnt Beteiligung ab
Verteidigungsminister Norbert Darabos lehnt eine Beteiligung an der EU-Trainingsmission in Mali ab. Das bekräftigte sein Sprecher Stefan Hirsch gegenüber der „Presse“. Österreichs Ressourcen seien in Nahost und auf dem Balkan gebunden. Im Außenamt hieß es, man stehe dem Einsatz positiv gegenüber. Es gebe aber noch keine Anfrage seitens des Verteidigungsministeriums. Explizit auf eine Teilnahme drängen wollte Außenminister Spindelegger jedoch nicht, zumindest nicht vor der Volksbefragung am 20. Jänner. In der Woche darauf will die EU den Mali-Operationsplan festlegen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2013)