Prozess in Stuttgart: Spione tarnten sich als Österreicher

Prozess in Stuttgart: Spione tarnten sich als Österreicher
Prozess in Stuttgart: Spione tarnten sich als ÖsterreicherEPA
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Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart hat der Prozess gegen ein Ehepaar begonnen, das mehr als 20 Jahre lang für den russischen Geheimdienst spioniert haben soll.

Am Dienstag hat vor dem Oberlandesgericht Stuttgart einer der spektakulärsten deutschen Spionageprozesse seit dem Untergang der Sowjetunion begonnen. Auf der Anklagebank sitzt ein Ehepaar, das mehr als 20 Jahre lang für den sowjetischen Geheimdienst KGB und dessen Nachfolger SWR spioniert haben soll. Und das angeblich mit gefälschten österreichischen Pässen.

Das Paar, von dem bisher nur die Decknamen Andreas und Heidrun Anschlag bekannt sind, ging laut Bundesanwaltschaft 1988 und 1990 als angebliche österreichische Staatsangehörige südamerikanischer Herkunft nach Deutschland. Mit diesen falschen Identitäten sollen sich die beiden dann eine bürgerliche Existenz aufgebaut haben, um ihre Spionageaktionen zu tarnen. Laut der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) wusste selbst ihre Tochter, die in Deutschland studiert, nichts vom Doppelleben ihrer Eltern.

Die mutmaßlichen Spione sollen Geheimdokumente der EU und der Nato besorgt und dafür Jahresgehälter von rund 100.000 Euro bekommen haben. Die beiden waren laut Bundesanwaltschaft bis zu ihrer Festnahme im Oktober 2011 technisch auf der Höhe der Zeit. Ihre Meldungen an die Geheimdienstzentrale in Moskau übermittelten sie per Satellitenübertragung und nutzten ein Internetvideoportal für versteckte Botschaften.

Agentenaustausch kam nicht zustande

Ein von Deutschland vorgeschlagener Austausch gegen zwei in Russland festgesetzte US-Agenten kam laut der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" nicht zustande: Ausgetauscht werden sollte demnach unter anderem ein ehemaliger Abteilungsleiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, der in Moskau zu 19 Jahren Haft verurteilt worden war.

Medienberichten zufolge wäre das ein womöglich schlechter Tausch aus russischer Sicht: Den beiden Stuttgarter Angeklagten droht zwar eine Höchststrafe von zehn Jahren. Allerdings sei eine geringere Haftstrafe wahrscheinlich. Weil überdies Untersuchungshaft angerechnet wird und bei guter Führung nur zwei Drittel der Strafe verbüßt werden, könnten die beiden nach einer relativ kurzen Zeit hinter Gittern wieder frei kommen.

Der Verteidiger der Angeklagten, Horst-Dieter Pötschke, sagte der "Welt", seine Mandanten hofften gleichwohl, doch noch über einen Agentenaustausch nach Russland zurückkehren zu können. Sie würden in dem Prozess schweigen und weder Angaben zu den Tatvorwürfen, noch zu ihren wahren Identitäten machen. Bisher sind 31 Verhandlungstage bis Ende Juni angesetzt.

(APA/AFP)

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