Ministerin Schavan gibt sich kämpferisch

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Trotz der Aberkennung ihres Doktortitels wegen angeblichen Plagiats will die CDU-Bildungsministerin nicht zurücktreten. Kanzlerin Merkel hat sie vorerst hinter sich.

Berlin/Wien/Ag./Red. Nach der Aberkennung ihres Doktortitels kommen auf Annette Schavan schwierige Zeiten zu. Doch vorerst gibt sich die beliebte deutsche Bildungsministerin kämpferisch: „Die Entscheidung werde ich nicht akzeptieren und dagegen Klage einreichen. Mit Blick auf die juristische Auseinandersetzung bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich heute keine weitere Stellungnahme abgeben werde“, sagte sie am Mittwoch am Rande eines Besuches im südafrikanischen St.Johannesburg.

Die Universität Düsseldorf hatte Schavan am Dienstag wegen „vorsätzlicher Täuschung“ in ihrer Promotionsarbeit den vor 33 Jahren erworbenen Doktortitel entzogen. In Schavans Arbeit seien „in bedeutendem Umfang nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte zu finden“.

„Sie schadet der Wissenschaft“

Die Ministerin zeigte gestern keine Absicht, ihr Amt niederzulegen. Unterstützt und bestärkt wird sie in ihrer „Widerstandshaltung“ von loyalen Experten und Parteifreunden, die sie auf der Südafrika-Reise begleiten. Aber vor allem hat sie die Kanzlerin hinter sich – vorerst zumindest: Angela Merkel habe auch nach der Aberkennung des Doktortitels volles Vertrauen in Annette Schavan, „die Kanzlerin schätzt ihre Leistung als Ministerin außerordentlich“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch. Nach der Rückkehr der Ministerin von ihrer Südafrika-Reise „wird genug Gelegenheit sein, in Ruhe miteinander zu reden“. Die Entscheidung der Universität Düsseldorf zur Aberkennung von Schavans Titel habe die Regierung zur Kenntnis genommen, so Seibert. Man verstehe, dass Schavan ihre juristischen Möglichkeiten ausschöpfen wolle.

Auch die FDP war solidarisch. Wobei sich die Liberalen deutlich reservierter gaben als der Koalitionspartner: „Wir respektieren die Entscheidung Schavans, den Rechtsweg zu beschreiten“, so Generalsekretär Patrick Döring. Er betonte etwas zweideutig: „Dieses Verfahren gilt es abzuwarten.“

Für die Opposition ist der Fall Schavan freilich ein gefundenes Fressen: „Sie muss zurücktreten, weil sie kein Vorbild mehr sein kann und der Wissenschaft schadet“, fordert SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hielt Schavan vor, „den Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland nicht mehr glaubwürdig vertreten zu können“. Auch die Linken sind nach den Worten ihres Bundesgeschäftsführers, Matthias Hohn, der Meinung, „das Amt der Bildungsministerin nimmt schweren Schaden, wenn sich die Amtsinhaberin über Monate in einem Gerichtsverfahren wegen eines Betrugsverdachts wehren muss“. Auch Studentenverbände riefen Schavan zum Rücktritt auf.

Die Frage ist derzeit, wie lange die Union an der Ministerin und Kanzlerfreundin festhalten wird. Denn einen Betrugsskandal mitten im Wahlkampf kann sich Angela Merkel nicht leisten – schon gar nicht, wenn sich die Affäre über Monate hinziehen sollte. Und dieses Szenario droht bei einem Gerichtsverfahren: Ein Urteil könnte sogar erst nach der Bundestagswahl Ende September gefällt werden, bis dahin wäre dann die Ministerin de facto „Freiwild“ für die schießwütige Opposition. Außerdem kommt es in den meisten Fällen bei so einem Verfahren zu einer Bestätigung der Titel-Aberkennung.

McAllister als möglicher Nachfolger?

Die Frage ist nur: Wer könnte als Nachfolger für Schavan einspringen? Als Kurzzeitminister wäre das für einen Politiker acht Monate vor der Wahl nicht unbedingt eine attraktive Aufgabe. Als möglicher Kandidat gilt David McAllister, für den Angela Merkel seit seiner Abwahl als Ministerpräsident Niedersachsens offenbar einen Platz in der Regierung sucht. Allerdings hat McAllister weder im Bildungs- noch im Forschungsbereich Erfahrungen.

Dass Schavan vielleicht ein ähnliches Schicksal wie Karl-Theodor zu Guttenberg droht, verleiht der Affäre eine bittere Ironie: Der Verteidigungsminister und einstige CSU-Star musste 2011 zurücktreten, nachdem ihm Plagiat bei seiner Doktorarbeit nachgewiesen worden war. Es war Schavan, die ihn zum Abschuss freigegeben hatte – indem sie in einem Interview betont hatte: „Ich schäme mich.“

Zur Person

Annette Schavan (58) studierte Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften in Bonn und Düsseldorf. 1991 übernahm sie die Leitung der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk in Bonn. Ihre Parteikarriere begann sie in den 1970er-Jahren in der Jungen Union. Seit 2005 ist sie deutsche CDU-Bildungsministerin. Zu Parteichefin Angela Merkel wird Schavan ein besonders enges Vertrauensverhältnis nachgesagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2013)

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