Ungarn: Orban will Verfassungsgericht weiter entmachten

Ungarn: Orban will Verfassungsgericht weiter entmachten
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Eine Verfassungsnovelle würde die Befugnisse des Höchstgerichts einschränken. Die Meinungsfreiheit wird auch eingeschränkt. Orbans Partei besitzt die nötige Zweidrittelmehrheit.

Das ungarische Verfassungsgericht soll nach dem Willen des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban weiter entmachtet werden. Das Parlament, in dem Orbans Regierungspartei Fidesz-MPSZ über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, wird am Dienstag mit der Debatte über eine Verfassungsnovelle beginnen. Diese sehe auch eine Einschränkung der Befugnisse des Verfassungsgerichts vor, berichteten Medien am Sonntag in Budapest. Das Höchstgericht hatte in den vergangenen Monaten mehrere Gesetze, die von Fidesz beschlossen worden waren, als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Entwurf der Novelle sieht unter anderem vor, dass die Verfassungsrichter sich künftig nicht mehr auf die Spruchpraxis des Verfassungsgerichts stützen, wenn diese aus einer Zeit vor Inkrafttreten des seit dem Vorjahr gültigen neuen Grundgesetzes stammt.

Nach Ansicht von Experten wird es dies dem Höchstgericht erschweren, menschenrechtswidrige Gesetze zu kippen. Die Novelle verankert auch einige jener Bestimmungen in der Verfassung, die kürzlich vom Verfassungsgericht aufgehoben worden waren, darunter das Verbot für Obdachlose, auf der Straße zu leben. Mit der Aufnahme der Bestimmung in den Text der Verfassung ist diese nun einer neuerlichen Überprüfung durch das Verfassungsgericht entzogen.

Meinungsfreiheit darf eingeschränkt werden

Darüber hinaus sieht die Novelle vor, dass die Meinungsfreiheit zum Schutze der "Würde der ungarischen Nation sowie von nationalen (...) und konfessionellen Gemeinschaften" eingeschränkt werden kann. Nicht in das Grundgesetz aufgenommen wird hingegen die umstrittene verpflichtende Wählerregistrierung. Diese Bestimmung hob das Verfassungsgericht Ende des Vorjahres auf. In der Verfassung verankert wird allerdings die Möglichkeit, Wahlwerbung im Privat-Fernsehen zu verbieten. Auch diese Bestimmung kippte das Verfassungsgericht im Zuge der Überprüfung der letzten Wahlrechtsnovelle.

Orban, der seit 2010 regiert, stößt mit seinen autokratischen Neigungen immer wieder an Grenzen, die ihm das Verfassungsgericht zieht. Dabei wurden dessen Befugnisse schon früher eingeengt. Das neue Orban'sche Grundgesetz hat die Popularklage abgeschafft, was die Möglichkeiten einschränkt, ein Verfassungsverfahren einzuleiten. Bereits Ende 2010 war per Verfassungsänderung dekretiert worden, dass die Höchstrichter keine wirtschaftspolitisch relevanten Gesetze prüfen dürfen.

(APA/dpa)

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