Vor dem Parlamentsgebäude in Sofia soll ein Zeltlager aufgebaut werden. Damit wollen die Bürger Änderungen im Wahlgesetz erzwingen.
Die Demonstrationen in Bulgarien nehmen neue Ausmaße an: Nach heftigen Protesten in den vergangenen Woche, soll am Montag ein Zeltlager vor dem Parlamentsgebäude in Sofia aufbaut werden. Mit der Aktion sollen die Abgeordneten dazu gezwungen werden, Änderungen im Wahlgesetz zu verabschieden. Für kommenden Samstag ist eine erste überregionale Konferenz der Bürgerproteste in Sofia anberaumt. Darauf sollen konkrete Forderungen der Protestbewegung formuliert werden.
In der bulgarischen Schwarzmeermetropole Warna riefen die Demonstranten indes zum zivilen Ungehorsam auf. Die Kunden des regionalen tschechischen Stromanbieters Energo-Pro sollen ihre Rechnungen nicht bezahlen. Die landesweiten Proteste in Bulgarien richteten sich zunächst gegen die angeblich überhöhten Stromrechnungen für Dezember und führten am 20. Februar zum Rücktritt der bürgerlichen Regierung von Ministerpräsident Bojko Borissow.
Bei einer "nationalen Protestkonferenz" am 9. März in Sofia sollen Vertreter aller 25 Städte, in denen vergangenen Wochen Demonstrationen gegen die politische Elite stattgefunden haben, konkrete Forderungen der Bürgerproteste formulieren. "Dazu gehören Änderungen im Wahlgesetz, die den Bürgern mehr Vollmachten einräumen, die Einberufung einer verfassungsgebenden Volksversammlung, um die seit 1991 gültige bulgarische Verfassung zu ändern, und die direkte Wahl von Richtern vom Volk", erklärte Janaki Gantschew von den Protestierenden laut der Nachrichtenagentur BGNES.
Die Forderungen kommen unmittelbar vor der erwarteten Bildung einer Interimsregierung durch den Staatspräsidenten Rossen Plewneliew. Am Dienstag will er die drittstärkste Parlamentspartei, die Türkenpartei DPS, mit der Regierungsbildung im Rahmen des bestehenden Parlaments beauftragen. Die liberale Kraft hat jedoch bereits unmissverständlich erklärt, sie werde wie die bürgerliche Regierungspartei GERB und die sozialistische Oppositionspartei BSP darauf verzichten. Damit wäre der Weg für Neuwahlen frei. Laut Verfassung muss der Präsident das Parlament auflösen und binnen einer Woche eine geschäftsführende Regierung ernennen, welche die vorgezogenen Parlamentswahlen am 12. Mai vorbereiten soll.
(APA)