Italien: Berlusconi zu einem Jahr Haft verurteilt

Berlusconi einem Jahr Haft
Berlusconi einem Jahr Haft(c) REUTERS (REMO CASILLI)
  • Drucken

Der frühere italienische Premier wurde im Unipol-Prozess schuldig gesprochen. Es geht um Abhör-Vorwürfe bei einer Bankenübernahme.

Der langjährige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist im sogenannten Unipol-Prozess zu einer einjährigen Haftstrafe sowie zu einer Entschädigungszahlung von 80.000 Euro verurteilt worden. Es geht um die Veröffentlichung von abgehörten Telefongesprächen. Der Ex-Regierungschef kann gegen die erstinstanzliche Verurteilung Berufung einlegen, was aufschiebende Wirkung für den Vollzug der Strafe hat.

Auch Berlusconis Bruder wurde am Donnerstag für schuldig befunden. Das Mailänder Gericht verhängte eine Strafe von zwei Jahren und drei Monaten. 

Die Causa Unipol steht in Zusammenhang mit Ermittlungen in einem Finanzskandal aus dem Jahr 2005. Damals waren Unregelmäßigkeiten beim Kampf um die Übernahme der Bank Antonveneta aufgetaucht, bei der italienische Interessenten gegen die niederländische Bank ABN Amro und die spanische Finanzgruppe BBVA antraten.

--> Prozesse am laufenden Band

Bei den Ermittlungen war ein Telefongespräch zwischen dem Chef des mitbietenden italienischen Versicherungskonzerns Unipol und dem Linkspolitiker und Ex-Außenminister Piero Fassino abgehört worden. Die geheimen Aufzeichnungen wurden dann in der Zeitung "Il Giornale" veröffentlicht, die politisch hinter Berlusconi steht. Laut dem Gericht hat Berlusconi, der gerade erst sein Polit-Comeback feierte, seinem Bruder das abgehörte Telefongespräch zur Veröffentlichung zugeschanzt, um Fassino in Schwierigkeiten zu bringen.

Reaktionen: "Angriff auf die Demokratie"

Berlusconis Verurteilung löste am Donnerstag hitzige Reaktionen in seinem Mitte-rechts-Bündnis aus. Als "Angriff auf die Demokratie" bezeichnete die Südtiroler Parlamentarierin Michaela Biancofiore das Urteil. "Wir erleben das Paradoxon, dass der Chef der Partei, die fast die Wahlen gewonnen hat, zu einem Jahr Haft verurteilt wird. Das ist ein offener Versuch, die Demokratie in Italien zu stürzen", so Biancofiore.

Die Mitte-rechts-Senatorin und Duce-Enkelin Alessandra Mussolini, appellierte an die Italiener, Solidaritätsinitiativen mit Berlusconi zu ergreifen. "Ein Teil der Justiz hat beschlossen, den Bürger Silvio Berlusconi aus dem sozialen und politischen Leben Italiens auszulöschen. Das darf eine Demokratie nicht erdulden", sagte Mussolini.

Berlusconis Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" plant eine große Solidaritätskundgebung mit dem Parteivorsitzenden. Eine "Demonstration für die Freiheit" ist am 23. März in Rom vorgesehen, an der sich laut den Berlusconi-Vertraueten Zehntausende Menschen beteiligen sollten.

Zwei Schuldsprüche in einem halben Jahr

Es ist nicht das erste Mal, dass Berlusconi verurteilt wird: Erst im Oktober des Vorjahres war er im Mediaset-Prozess um Steuerbetrug und Schwarzgeldkassen schuldig gesprochen worden. Das erstinstanzliche Urteil: vier Jahre Haft. Davon wurden ihm jedoch drei Jahre erlassen, weil eine Amnestieregelung aus dem Jahr 2006, als Berlusconi Ministerpräsident war, griff. Dieses Urteil kann Berlusconi aber noch in zwei Instanzen bekämpfen.

Noch ausständig ist das Urteil im sogenannten Ruby-Prozess, bei dem Berlusconi wegen Amtsmissbrauchs und Sex mit einer minderjährigen Marokkanerin vor Gericht steht. Es dürfte am 18. März fallen.

Damit nicht genug: Ende Februar hat die italienische Justiz weitere Ermittlungen gegen Berlusconi aufgenommen. Der Verdacht: Der ehemalige Senator Sergio De Gregorio soll von Berlusconi bestochen worden sein. Dieser habe ihm im Jahr 2006 insgesamt drei Millionen Euro zukommen lassen. Berlusconi habe damit erreicht, dass er Mitglied der Partei Popolo della Libertà (PdL) wurde - danach brach die damalige Mitte-links-Koalition unter Romano Prodi zusammen.

Italien-Wahl

Die Parlamentswahlen haben in Italien zu einem Patt geführt. Die Sozialdemokraten unter Pier Luigi Bersani konnten die Abgeordnetenkammer mit 29,5 Prozent der Stimmen für sich entscheiden. Laut Wahlrecht erhält der Sieger automatisch 55 Prozent der Sitze im Unterhaus. Im Senat hat jedoch kein Lager eine Mehrheit. Bersani kam hier auf 31,6 Prozent, die Mitte-Rechts-Allianz um Silvio Berlusconi 30,7 Prozent.

Eigentlicher Gewinner ist der Komiker Beppe Grillo, für dessen Protestbewegung fast jeder fünfte Italiener votierte. Im Senat holte die "Fünf Sterne-Bewegung" über 23,8 Prozent, was 54 Sitze im Senat entspricht. In der Kammer kam sie auf 25,55 Prozent und zieht mit 108 Deputierten als stärkste Einzelpartei in die Abgeordnetenkammer ein.

Italiens scheidender Premier Mario Monti ging als klarer Verlierer aus dem Urnengang hervor. Im Senat musste er sich mit 9,13 Prozent der Stimmen und 18 Senatoren begnügen. In der Abgeordnetenkammer kam er auf 10,6 Prozent und auf 45 Parlamentariern, was deutlich unter seinen Erwartungen lag.

(Red./APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.