USA: Republikanischer Familienkrach

Paul Ryan speaks at the Conservative Political Action Conference (CPAC) in Maryland
Paul Ryan speaks at the Conservative Political Action Conference (CPAC) in MarylandREUTERS
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Die „Grand Old Party“ war noch nie so unbeliebt wie heute. Ihre neuen Hoffnungsträger Rubio, Ryan und Paul eint nur die Abneigung gegen das alte Parteiestablishment.

Washington. Hier ist die gute Nachricht für die republikanische Partei: Heute bekennen sich 24 Prozent der Amerikaner als Republikaner – genau so viele wie vor 30 Jahren, als Ronald Reagan im Weißen Haus amtierte.

Und hier ist die schlechte Nachricht: Noch nie in ihrer Geschichte war die „Grand Old Party“ beim Rest der Bürger so unbeliebt wie heute. 62 Prozent der Amerikaner erklärten neulich in einer Umfrage des Pew Research Center, dass die Republikaner den Bezug zu den Menschen verloren haben. 52 Prozent finden sie zu extrem. Und was besonders schwer wiegt: 58 Prozent der unabhängigen Wähler lehnen die Partei ab. Doch das sind genau die Menschen in der Mitte, die man ansprechen muss, wenn man Wahlen gewinnen will. Nur jeder dritte Amerikaner hat heute eine gute Meinung von den Republikanern: so wenige wie noch nie.

Vor diesem Hintergrund begab sich die Partei am Ende dieser Woche auf ihre jährliche Konferenz, um den Blick auf die Kongresswahlen im kommenden Jahr zu schärfen. Doch die Visionen, welche drei der Hoffnungsträger der Konservativen an den drei Tagen am Ufer des Potomac vorstellten, lassen den Eindruck einer orientierungslosen Bewegung zurück, die einzig in ihrem Hass auf Präsident Barack Obama und das alte Parteiestablishment geeint ist, vor allem die erfolglosen Präsidentschaftskandidaten John McCain und Mitt Romney.

„Wir brauchen keine neuen Ideen“

Marco Rubio, Rand Paul und Paul Ryan werden so gut wie sicher um die Nominierung als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2016 rittern. Ihre Weltsichten weichen stark voneinander ab – und auch ihre Analysen für die Malaise der Partei.

Rubio, der 42-jährige kubanischstämmige Senator aus Florida, hält eine inhaltliche Kurskorrektur nicht für nötig: „Wir brauchen keine neue Idee. Die Idee heißt Amerika, und sie funktioniert noch immer“, sagte er, und das Publikum jubelte.

Dasselbe Publikum war aber gleichermaßen von der Fundamentalkritik von Rand Paul begeistert, des 50-jährigen libertären Senators aus Kentucky, der neulich mit einem 13-stündigen Redemarathon die Nominierung von CIA-Chef John Brennan verzögert hatte. „Auf der Grand Old Party von früher wächst Moos, sie ist fad geworden. Ich glaube nicht, dass ich Namen nennen muss, oder?“ Natürlich wusste jeder, wen Paul da anschoss: John McCain. Denn der hatte Pauls Aktionismus mit dem Epithet „Wacko Bird“ quittiert, was man ungefähr mit „verrückter Vogel“ übersetzen kann.

Paul Ryan wiederum, der 43-jährige Budgetsprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus und Vizepräsidentschaftskandidat bei der Wahl im November, schoss sich in gewohnter Manier auf Präsident Obama und die Demokraten ein: „Die sind die Partei des Elends; wir sind die Partei der geteilten Möglichkeiten.“ Doch sein wiederholt vorgebrachter Plan, den US-Haushalt zu sanieren, indem man einfach die gerade erst eingeführte neue Krankenversicherung (vulgo „Obamacare“) für alle ersatzlos streicht, sorgt mittlerweile sogar bei überzeugten Republikanern für Kopfschütteln. „Es gibt derzeit keine Chance, Obamacare abzuschaffen. Vielleicht nach 2016, wenn die Kosten überhandnehmen. Aber jetzt muss man verantwortungsvoll sein“, sagte Tevi Troy, unter George W. Bush stellvertretender Gesundheitsminister, am Mittwoch bei einer Debatte im American Enterprise Institute.

„Die Partei für das Amerika von gestern“

Das grundlegende Problem der Partei sprach auf der Konferenz niemand an: Die amerikanische Gesellschaft wird zusehends ethnisch und kulturell vielfältiger sowie städtischer. Die Republikaner jedoch sind heute die Partei der Alten, der Reicheren, der Weißen und der ländlichen Bevölkerung. All diese Gruppen haben viel zu verlieren, hält David Frum in seinem Buch „Why Romney lost“ fest. „Die Partei bezieht ihre Stärke von jenen Gruppen, die am wenigsten in der Rezession gelitten, aber jetzt gute Gründe zur Sorge haben, dass sie die Rechnung zahlen müssen, wenn wir jetzt die Kosten dafür tragen müssen“, schreibt Frum, einstiger Berater von George W. Bush und Erfinder der Bezeichnung „Achse des Bösen“. Sie drohe somit, die „Partei für das Amerika von gestern“ zu werden – vor allem dann, wenn Männer wie Paul Ryan die Amerikaner in „Macher“ und „Nehmer“ zu teilen versuchen: „Wer die Hälfte von Amerika zu verachten scheint, wird nie das Vertrauen bekommen, auch nur irgendeinen Teil davon zu regieren“, warnt Frum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2013)

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