Nordkorea: "Befinden uns ab sofort im Kriegszustand"

Nordkorea Befinden sofort Kriegszustand
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Das Regime in Pjöngjang provoziert erneut. Südkorea reagiert gelassen: "Das ist keine wirklich neue Drohung".

Nordkorea befindet sich nach eigenen Angaben mit Südkorea im "Kriegszustand". Alle Angelegenheiten zwischen beiden Staaten würden von nun an gemäß des "Kriegsprotokolls" behandelt, hieß es am Samstag in einer gemeinsamen, offiziellen Erklärung von Regierung, Kommunistischer Partei und anderer Organisationen des Landes. "Von nun an werden die Nord-Süd-Beziehungen in den Kriegszustand eintreten und alle Angelegenheiten zwischen dem Norden und dem Süden werden entsprechend behandelt", wurde per Staatsagentur KCNA verbreitet. Das Militär warte auf weitere Befehle von Machthaber Kim Jong-un.

"Das ist keine wirklich neue Drohung", erklärte das südkoreanische Vereinigungsministerium. Die Ankündigung sei vielmehr Teil einer "Reihe provokativer Drohungen". Das Verteidigungsministerium in Seoul erklärte, bisher sei entlang der gemeinsamen Grenze keine entscheidende Truppenbewegung beobachtet worden.

Die mit Südkorea verbündeten USA erklärten, die Berichte über eine "neue und unkonstruktive Erklärung aus Nordkorea" zur Kenntnis genommen zu haben. "Wir nehmen diese Drohungen ernst und bleiben in engem Kontakt mit unseren südkoreanischen Verbündeten", sagte Caitlin Hayden, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, am Freitag (Ortszeit) in Washington. Sie verwies indes darauf, dass Nordkorea eine "lange Geschichte der Kriegsrhetorik und Drohungen" habe. "Die heutige Ankündigung folgt diesem bekannten Muster." Nordkorea hatte in den vergangenen Tagen auch den USA gedroht.

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Nordkorea drohte dem Süden am Samstag auch damit, den gemeinsamen Industriekomplex Kaesong zu schließen: "Wir werden den Industriekomplex ohne Rücksichtnahme schließen, falls Südkorea versucht, unsere Würde auch nur ein wenig zu verletzen." Wenn Südkorea weiter "rücksichtslose Bemerkungen" mache, die Nordkoreas Würde verletzten, werde dies mit "schwerwiegenden Maßnahmen" beantwortet.

Die Zukunft von Kaesong hänge nun "vollständig" von Südkoreas Verhalten ab, hieß es weiter. Der Industriekomplex liegt in Nordkorea etwa zehn Kilometer von der Grenze zu Südkorea entfernt. Er wurde 2004 als Projekt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der beiden Staaten gegründet. Nordkorea bringt die Zusammenarbeit dringend benötigte Devisen ein.

Westerwelle: "Ernste Gefahr"

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle schrieb in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung vom Samstag, die Drohungen des Nordens seien eine "ernste Gefahr für den Frieden in der ganzen Region". Was auf der koreanischen Halbinsel geschehe, betreffe die "Sicherheitsarchitektur der ganzen Welt", schrieb er in dem vor der Erklärung des Kriegszustands verfassten Beitrag. "Das unverantwortliche Spiel Nordkoreas mit dem Feuer muss aufhören." Der Chef des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, bescheinigte Nordkorea eine "besondere Aggressionsrhetorik". Zwar sehe er die Gefahr einer "regionalen Eskalation", sagte der Geheimdienstleiter. Jedoch gehe der BND davon aus, "dass Nordkorea keinen Krieg will".

Russland hatte am gestrigen Freitag gewarnt, dass die Lage in der Region "außer Kontrolle" geraten könne und eine Rückkehr zum Dialog eingemahnt. Niemand dürfe versuchen, geopolitische Aufgaben militärisch zu lösen, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Nord- und Südkorea müssten ebenso wie die USA "größte Verantwortung und Zurückhaltung" üben, sagte ein Vertreter des Außenministeriums in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax. Niemand dürfe "die Linie überschreiten, hinter der es kein Zurück mehr gibt

Kim ließ Raketen vorbereiten

Bereits am Donnerstag hatte der nordkoreanische Diktator Kim die Raketen des Landes für Angriffe in Bereitschaft gesetzt. Auslöser für diesen Schritt sei die Entsendung zweier US-amerikanischer Tarnkappenbomber des Typs B-2 am Donnerstag gewesen, hieß es. Diese waren nach Südkorea entsandt worden, um an den jährlichen Militärübungen mit dem asiatischen Land teilzunehmen. Die Aktion sollte weiters "die Fähigkeit der USA zeigen, schnell und nach Belieben zielgenaue Langstreckenangriffe zu fliegen"

Dies sei keine bloße Machtdemonstration mehr, kritisierte Kim dem Bericht zufolge die B-2-Entsendung. Vielmehr weise dieser Schritt darauf hin, dass die USA einen "Atomkrieg um jeden Preis" entfachten.

Im Falle einer "rücksichtslosen" Provokation seitens der USA müssten Nordkoreas Streitkräfte "erbarmungslos das US-Festland und Militärstützpunkte auf den Pazifik-Inseln Guam und Hawaii sowie deren Stützpunkte in Südkorea angreifen", zitierte Kcna den nordkoreanischen Machthaber am Donnerstag.

Nordkorea will USImperialisten abrechnen
Nordkorea will USImperialisten abrechnen(c) REUTERS (KCNA)

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel nahmen in den vergangenen Monaten beständig zu: Hintergrund ist der mittlerweile dritte Atomtest Pjöngjangs, auf den die UNO mit verschärften Sanktionen reagierte. Nordkorea zeigte sich außerdem empört über gemeinsame Militärmanöver Südkoreas und der USA und die Vereinbarung der beiden Länder über eine verstärkte militärische Zusammenarbeit. Die US-Regierung hat sich verpflichtet, Südkorea selbst bei kleineren Provokationen militärisch beizustehen.

Korea-Konflikt

Korea blickt auf eine konfliktreiche Vergangenheit zurück. Nachdem 1945 durch die Kapitulation Japans der Zweite Weltkrieg sein Ende genommen hatte, wurde die Provinz Chōsen von den Siegermächten entlang des 38. Breitengrads in zwei Besatzungszonen aufgeteilt. Den Süden kontrollierten fortan US-Truppen, den Norden die Rote Armee. Im Juni 1950 überschritten nordkoreanische Truppen die Demarkationslinie und lösten den Koreakrieg aus, der bis 1953 bis zu drei Millionen Menschen das Leben kostete. Am 27. Juli 1953 wurde er mit einem Waffenstillstand beendet.

1972 wurde das "Rote Telefon" eingerichtet - als ständige Verbindung zwischen Pjöngjang und Seoul. Nordkorea hatte schon häufig mit seiner Kappung gedroht und den direkten Draht auch tatsächlich bereits zweimal unterbrochen.

Ein Friedensvertrag existiert hingegen bis heute nicht, weshalb sich die beiden Länder offiziell noch immer im Kriegszustand befinden. Allerdings unterzeichneten sie 1991 einen bilateralen Nichtangriffspakt. Er sieht eine friedliche Regelung von Meinungsverschiedenheiten vor und soll versehentliche militärische Zusammenstöße an der innerkoreanischen Grenze vermeiden helfen.

(APA/Reuters/AFP/dpa)

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