Dem Boston-Bomber auf der Spur

BostonBomber Spur
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Die US-Polizei identifizierte auf einem Video angeblich einen Verdächtigen, der einen mit Sprengstoff gefüllten Druckkochtopf in einen Mistkübel beim Marathon-Ziel geworfen hat.

[BOSTON] 50 Stunden nach dem Anschlag auf den Boston-Marathon zeichnete sich ein Durchbruch für die Ermittler ab, die unter massiven Erfolgsdruck standen. In der Nacht auf Donnerstag wollten sie die Identität des Täters in einer Pressekonferenz enthüllen - womöglich eines Einzeltäters. Am Vorabend einer Gedenkveranstaltung in der Holy-Cross-Kathedrale von Boston, an der auch Präsident Barack Obama teilnehmen wollte, um den drei Toten und mehr als 170 Verletzten seine Reverenz zu erweisen, schien der erste Terrorakt in den USA seit den Anschlägen des 11. September 2001 vor einer Aufklärung.

Penible Puzzlearbeit

Überreste des Sprengsatzes
Überreste des Sprengsatzes(c) Reuters

Der Ankündigung der Polizei gingen Stunden der Verwirrung, der widersprüchlichen Meldungen und der „Breaking News" der TV-Sender voraus. Zunächst hieß es, der mutmaßliche Attentäter sei bereits festgenommen. Später folgte indes wieder ein Dementi. Doch im Laufe des Tages verdichtete sich offenkundig eine „heiße" Spur. Vor dem Gebäude des Bezirksgerichts in South Boston versammelte sich auch schon eine Menschenmenge. Nach einer Bombendrohung verschob die Polizei die Pressekonferenz vorerst, um sie dann gänzlich abzusagen.

Das Sonderkommando sichtete in penibler Puzzlearbeit Tausende Fotos und Videoaufnahmen, zur Verfügung gestellt von Besuchern des Marathons mit Smart-Phones, TV-Crews und Überwachungskameras. Das FBI hatte dazu aufgerufen, ihm privates Foto- und Videomaterial zu überlassen. Dies ergab einen Fundus von mehreren tausend Stunden Bildmaterial. Besonders hilfreich soll unter anderem eine Aufnahme des Kaufhauses Lord & Taylor im Zielbereich des Marathons an der Boylston Street gewesen sein. Ein Video zeigt den Täter mit einer laut CNN weißen Baseballkappe offenbar dabei, wie er den Sprengstoff in einer schwarzen Nylontasche in einem Mistkübel deponierte, der sich als tödliche Sprengfalle entpuppen sollte.


Das FBI hat Teile der beiden Sprengsätze zusammengetragen und ist zu dem Schluss gekommen, dass es sich um recht einfache Bomben in Sechs-Liter-Druckkochtöpfen handelt, die mit Nägeln, Kugeln und Schwarzpulver gefüllt waren - eine perfide Mischung, die darauf zielte, eine möglichst große Opferzahl in deren Umkreis zu verursachen. Tatsächlich verlor eine ganze Reihe von Menschen ihre Beine.
Derartige Bomben entfalten laut Sprengstoffexperten ihre verheerende Wirkung in horizontaler Richtung. Die Projektile fliegen gleichermaßen wie die Speichen eines Rades nach außen, nicht nach oben. Daher rühren die vielen Fuß- und Beinverletzungen. An der FBI-Akademie in Quantico baute der Inlandsgeheimdienst die Bombe nach.

Sprengstoff mit Nägeln

Teile der Sprengsätze fanden sich sogar noch auf den Dächern der Umgebung, so auch der Deckel des Kelomats. Die Forensiker arbeiteten gegen die Zeit, sie suchten hektisch nach dem „Fingerabdruck" der Bombe. Jedes kleinste Einzelteil war geeignet, einen Hinweis zu liefern. „Die ersten 24 Stunden sind die wichtigsten", sagte etwa Ray Kelly, der New Yorker Polizeichef. Der Zünder soll durch eine Art Eieruhr in Gang gesetzt worden sein. Die privaten Aufnahmen allerdings könnten bei einer Anklage ein rechtliches Problem darstellen: Als Beweismittel wären sie nämlich nicht zulässig.

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