Frau von Boston-Täter: "Ein vollkommener Schock"

Boston, eine Woche nach den Anschlägen.
Boston, eine Woche nach den Anschlägen.(c) EPA (Justin Lane)
  • Drucken

Die Ehefrau von Tamerlan Tsarnaev meldet sich zu Wort. Sie soll für ihren Mann zum Islam konvertiert sein. Der angeklagte Dzohar gab indes den Afghanistan- und den Irak-Krieg als Motive für den Anschlag an.

"Das war ein vollkommener Schock": Die Ehefrau des verstorbenen mutmaßlichen Attentäters, Tamerlan Tsarnaev, hat eine Woche nach dem Anschlag auf den Bostoner Marathon ihr Schweigen gebrochen. Sie ließ am Dienstag (Ortszeit) von ihren Anwälten Amato DeLuca und Miriam Weizenbaum eine Erklärung verlesen, in der sie mitteilte, sie sei erschüttert, dass ihr Mann und dessen jüngerer Bruder Dzohar in den Bombenanschlag verwickelt gewesen seien. Tamerlan Tsarnaev war vier Tage nach dem Anschlag bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei getötet worden.

Ihre Mandantin Katherine Russel sei über die drei Todesopfer und rund 200 Verletzten bestürzt, sagten die in Providence im US-Staat Rhode Island ansässigen Anwälte weiter: "Die Toten und die Verletzten unter den Menschen, die gekommen waren, um einen Wettlauf und einen Feiertag zu feiern, haben Katie und ihrer Familie große Verzweiflung und Schmerz beschert."

Die 24-Jährige hatte Tamerlan Tsarnaev im Jahr 2010 geheiratet. Das Paar hat eine dreijährige Tochter. US-Medien zufolge war Russel zum Islam konvertiert, nachdem sie ihren aus Tschetschenien stammenden Mann kennengelernt hatte.

Dzohar: Afghanistan- und Irak-Krieg als Motive

Dzohar Tsarnaev, der derzeit im Krankenhaus behandelt wird und gegen den bereits Anklage erhoben wurde, bezeichnete nach Informationen von US-Medien seinen getöteten 26-jährigen Bruder als Drahtzieher des Anschlags in Boston. Ein US-Regierungsvertreter sagte dem Sender "CNN", der 19-Jährige habe angegeben, dass Tamerlan "den Islam vor Angriffen schützen" wollte. Die Kriege der USA in Afghanistan und im Irak sollen demnach ein Motiv gewesen sein. Die Informationen zum Bau der Bomben sollen sich die Brüder im Internet besorgt haben.

Der schwer verletzte junge Mann - die Ermittler gehen davon aus, dass er sich auf der Flucht selbst erschießen wollte -, wird derzeit in einer Bostoner Klinik behandelt. Er kann kaum sprechen, trägt einen Beatmungsschlauch im Rachen. In den Gesprächen mit den FBI-Beamten an seinem Krankenbett soll ersich dennoch kooperativ zeigen: Er antworte schriftlich auf die ihm gestellten Fragen. So habe er angegeben, dass weder er noch Tamerlan Kontakt zu ausländischen Terrorgruppen gehabt hätten.

--> Karte: Die Jagd auf die Boston-Bomber

Ein Regierungsbeamter unterstrich jedoch gegenüber dem Sender "CNN", dass die Aussagen des Verdächtigen noch überprüft werden müssten. Derzeit gebe es keine Bestätigung dafür, dass die beiden den Anschlag alleine geplant und durchgeführt hätten.

Eine Delegation der US-Botschaft in Moskau ist unterdessen in die Kaukasusrepublik Dagestan gereist, um dort die Eltern der beiden mutmaßlichen Attentäter zu vernehmen. Bei den Ermittlungen kooperiere die russische Regierung mit der US-Bundespolizei FBI, sagte ein Botschaftsmitarbeiter am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Die Delegation habe sich am Dienstag nach Dagestan begeben, um dort Ansor und Subeidat Tsarnaev zu ihren beiden Söhnen zu befragen.

Senator: "FBI hat nicht versagt"

Das FBI ist derzeit nicht nur mit weiteren Ermittlungen beschäftigt, sondern übt sich auch in Selbstverteidigung. Bei einer Befragung im US-Kongress fühlten am Mittwoch Parlamentarier Vertretern des FBI auf den Zahn. Dabei ging es insbesondere um die Frage, wie das FBI den getöteten Tamerlan, den es vor zwei Jahren bereits wegen mutmaßlicher islamistischer Überzeugungen im Visier hatte, wieder aus dem Blick verlor.

Senator Saxby Chambliss aus Georgia sagte allerdings nach der Sitzung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand: "Ich kann nicht sagen, dass das FBI im entscheidenden Moment versagt hat. Ich sehe jetzt noch keinen, der im entscheidenden Moment versagt hat." Zuvor hatten mehrere Republikaner von einem "geheimdienstlichen Versagen" gesprochen.

(Red./APA/AFP/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.