Bayern: Wie CSU und Co. ihre Familien mit Jobs versorgen

Bayern: Wie CSU und Co. ihre Familien mit Jobs versorgen
Bayern: Wie CSU und Co. ihre Familien mit Jobs versorgen(c) Wikipedia
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Insgesamt 79 der 187 bayerischen Landtagsabgeordneten stellten ihre engen Verwandten auf Staatskosten an. Betroffen seien alle Fraktionen bis auf die FDP. In die Schusslinie gerät vor allem die regierende CSU.

München/Wien/ Basta./ AG. Schwester, Bruder, Ehefrau, Tochter, Sohn oder Mama: Dies scheint eine der Hauptqualifikationen für einen Job bei einem bayerischen Landtagsabgeordneten zu sein. Insgesamt 79 der 187 Parlamentarier haben ihren Ehepartnern oder Kindern auf Staatskosten eine Arbeit verschafft, gab Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm am Freitag bekannt. Betroffen seien alle Fraktionen bis auf die FDP. Abgeordnete, die Geschwister anstellten, sind auf der Liste gar nicht aufgeführt.

In die Schusslinie gerät vor allem die regierende CSU. Laut Bayerischem Rundfunk haben sechs christlichsoziale Mitglieder der Regierung Seehofer Verwandte angestellt – also mehr als jedes dritte CSU-Kabinettsmitglied. Justizministerin Beate Merk etwa bezahlte die Schwester dafür, ihren Internetauftritt zu gestalten. Die Männer ließen lieber ihre Ehefrauen für sich arbeiten: Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, Kultusminister Ludwig Spaenle sowie die Staatssekretäre Franz Pschierer und Gerhard Eck hatten die Gattin als Bürokraft engagiert.

5500 Euro für die Gattin

Kultusstaatssekretär Bernd Sibler hingegen nahm erst die Mama zu sich ins Büro, bevor er – wie bei den Kollegen üblich – die Ehefrau anstellte. Heute entschuldigt sich Sibler bei den Wählern für die „mangelnde Sensibilität in dieser Frage.“ Georg Schmid, den bisherigen CSU-Landtagsfraktionschef, hingegen kostete der wohl zu großzügige Arbeitsvertrag mit seiner Frau die Karriere: Bis zu 5500 Euro im Monat verdiente Frau Schmid als Bürokraft ihres Mannes. Nachdem diese Details publik wurden, zog sich der CSU-Politiker aus der Politik zurück.

Dabei war keines der Vergehen „illegal“. Seit 2000 verbietet zwar das bayerische Abgeordnetengesetz die Beschäftigung engster Verwandter wie Ehepartner oder Kinder. Ausgenommen von der Regelung sind aber Altverträge, die bereits vor 2000 bestanden.

Trotzdem wirft die Affäre ein schlechtes Licht auf Horst Seehofer, der am Freitag zum CSU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im September nominiert werden sollte: Aus seiner CSU nutzten 52 Landtagsmitglieder die Altregelung, wonach bestehende Verträge mit engen Verwandten weiterlaufen durften. Aber auch 24 Abgeordnete von der SPD, zwei Grüne und ein Fraktionsloser beschäftigten nach 2000 weiterhin Kinder oder Ehepartner – darunter Ex-Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD).

Im fernen Berlin ist man entsetzt: „Ich bin fassungslos über das Ausmaß der Selbstbedienung“, so Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die Bayern hingegen lässt die Affäre kalt. Fast jeder zweite Bayer will weiterhin die CSU wählen .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2013)

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