Deutschland: Erstmals Terrorwarnung für Fanzonen

(c) Clemens Fabry
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Das Bundeskriminalamt befürchtete offenbar einen Terroranschlag bei einer Fanveranstaltung zum Champions-League-Finale. Die Kontrollen wurden verstärkt.

Berlin. Erhöhte Alarmbereitschaft vor Großveranstaltungen gehört zur Routine der Sicherheitskräfte. Doch vor dem gestrigen Champions-League-Finale in London, das nur ein paar Tage zuvor Schauplatz eines grausamen Mordes an einem Soldaten geworden war, waren die deutschen Sicherheitskräfte in besonderer Alarmbereitschaft. Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte mehreren Medienberichten zufolge vor Terroranschlägen gewarnt. Im Visier stünden insbesondere die Fanmeilen in mehreren deutschen Städten, in denen am Abend zehntausende Fußballanhänger das Londoner Finale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München auf Großbildschirmen verfolgten.

„Spiegel online“ berichtete, dass BKA-Chef Jörg Ziercke den Innenministern von Bund und Ländern in einer vertraulichen Sitzung am Freitag von Hinweisen auf ein möglicherweise geplantes Attentat berichtet hatte. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte zwar am Samstag, er verfüge über keine konkreten Erkenntnisse über Anschlagspläne von Islamisten auf Fußballfanmeilen. Friedrich ging aber nicht auf die Aussage Zierckes ein. „Deutschland steht seit Längerem im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus. Es gibt jedoch derzeit keine Hinweise auf Anschlagspläne oder Anschlagsziele in Deutschland“, betonte er nach Angaben seines Ministeriums.

Verstärkte Kontrollen. Die ohnehin hohen Sicherheitsvorkehrungen wurden nach Angaben der Berliner Veranstalter der Fanzone verschärft; so wurden mehr Taschenkontrollen durchgeführt und zusätzliche Kontrollstreifen eingesetzt. In Dortmund und in München, wo die nächstgrößeren Fanveranstaltungen stattfanden, wollte man zunächst die Sicherheitsbestimmungen nicht zusätzlich verschärfen. Auf der Berliner Fanmeile zwischen dem Brandenburger Tor und der Siegessäule wurden mehrere Zehntausend Menschen erwartet (Fußballbericht auf S. 33).

Nach Informationen von SWR-Info kam der Hinweis auf einen möglichen Anschlag in deutschen Fanzonen vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB. Es sei aber weder ein konkreter Ort noch eine mögliche Zeit genannt worden, meldete der Sender am Samstag. Es gebe auch keinen genauen Hinweis, dass ein Zusammenhang mit dem Champions-League-Finale bestehen könnte, hieß es unter Berufung auf Sicherheitskreise. Der FSB habe allerdings eine konkrete Person in Deutschland als möglichen Terroristen benannt. Diese habe das Bundeskriminalamt aber inzwischen identifiziert, hieß es.


London: Gespannte Atmosphäre. In London herrschte auch gestern weiter Alarmbereitschaft, nachdem am Mittwoch zwei mutmaßliche Islamisten einen britischen Soldaten auf offener Straße ermordet hatten. Die Polizei verhaftete indessen einen weiteren Mann. Abu Nusaybah, so sein Name, ist offenbar ein Freund der Täter und hatte zuvor der BBC ein Interview gegeben. Die Polizei gab an, ihn der Vorbereitung eines Terrorakts zu verdächtigen. In dem BBC-Gespräch hatte der Mann behauptet, dass Beamte des Geheimdienstes MI5 einen der Täter, den 28-jährigen Michael Adebolajo, vor sechs Monaten als Informanten anzuwerben versucht hatten. Die Polizei habe Adebolajos Wohnung durchsucht, nachdem dieser sich länger in Kenia aufgehalten hatte. Adebolajo sei wegen mutmaßlicher Kontakte zu Extremisten verhört worden. Eine Zusammenarbeit mit dem MI5 habe er jedoch abgelehnt.

Der mutmaßliche Kontakt mit dem späteren Attentäter dürfte den Druck auf die britischen Behörden weiter erhöhen. Premier David Cameron kündigte eine parlamentarische Untersuchung über die Rolle der Sicherheitskräfte an. som

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2013)

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