USA/China: Obamas Spagat in Cyber-Fragen

Chinas Staatspräsident Xi Jinping traf US-Präsident Barack Obama in Kalifornien. Acht Stunden lang wurde verhandelt – auch über Hackerattacken.
Chinas Staatspräsident Xi Jinping traf US-Präsident Barack Obama in Kalifornien. Acht Stunden lang wurde verhandelt – auch über Hackerattacken.(c) REUTERS (KEVIN LAMARQUE)
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Bei einem Treffen mit Chinas neuem Staatschef Xi Jinping forderte US-Präsident Barack Obama das Ende von Hackerangriffen. Gleichzeitig hat er selbst Erklärungsnotstand.

Washington/Wien/Ag./Wb. Nicht weniger als acht Stunden konferierte US-Präsident Barack Obama an diesem Wochenende mit Chinas neuem Staatschef Xi Jinping. Bei den Gesprächen auf dem Anwesen Sunnylands in Rancho Mirage stand ein Thema im Mittelpunkt, das nicht nur für den Gast, sondern auch für den Gastgeber durchaus heikel ist: Internetspionage. Obama sprach offen Hackerangriffe auf US-Einrichtungen an, für die unter anderem der chinesische Geheimdienst verantwortlich gemacht wird. Während sich die US-Regierung nun gemeinsam mit ihren Partnern gegen Cyber-Angriffe schützen möchte, muss sich Obama fast zeitgleich für die vom eigenen Geheimdienst NSA betriebene Internetüberwachung von Google, Facebook und Co. rechtfertigen. Die USA können sich plötzlich nicht nur als Opfer darstellen, sondern sehen sich selbst in Erklärungsnotstand, ob sie sich über Rechtsnormen bei der Überwachung des Internets hinweggesetzt haben.

Obwohl Obama betonte, dass eine solche Überwachung „etwas anders ist als Diebstahl und Hacking“, dürften die jüngsten Aufdeckungen über das Programm namens „Prism“, mit dem sich der Geheimdienst Zugriff auf Server privater Internetplattformen verschafft hat, die sicherheitspolitische Position Washingtons schwächen. Sowohl die US-Regierung als auch die betroffenen Unternehmen wiesen zwar einen mehr als punktuellen Zugriff auf Daten zurück, doch Internet-Experten betonen, dass der US-Geheimdienst höchstwahrscheinlich ohne Zustimmung der Firmen agiert habe. Google-Chef Yonathan Zunger, der eine Zustimmung seines Unternehmens für solche Überwachungen ausschloss, attackierte denn auch die NSA: „Wir haben nicht den Kalten Krieg geführt, damit wir die Stasi nachbauen können.“

Unterstützung von Verbündeten

Bei Xi Jinping warb Obama dennoch für eine „belastbare“ Vereinbarung, die künftig Hackerangriffe etwa auf Computernetzwerke des US-Militärs oder von US-Firmen verhindern soll. Washington hat neben Teheran und Pjöngjang auch Peking mehrfach vorgeworfen, hinter solchen Attacken zu stehen. Xi reagierte gelassen. Er wolle Bedenken der USA und „Missverständnisse“ ausräumen, sagte er bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen. Sein Land sei aber selbst immer wieder „Opfer von Cyber-Angriffen“.

Indessen wurde bekannt, dass die USA ihren Verbündeten im Nahen Osten beim Aufbau eines Abwehrsystems gegen Cyber-Attacken vor allem aus dem Iran unterstützen will. Das Gleiche solle in Asien durchgeführt werden, um nordkoreanische Hacker in Schach zu halten, schrieb die „New York Times“ am Wochenende unter Berufung auf hohe US-Beamte. Für den Kampf gegen Cyber-Attacken möchte die amerikanische Regierung den Partnern Hard- und Software zur Verfügung stellen. Welche Staaten im Nahen Osten dazuzählen, wollten die Beamten nicht sagen. Jedoch gebe es Hinweise, dass es die Länder seien, die am aktivsten iranische Waffenlieferungen verfolgten, sie in Häfen aufbrächten und den USA Geheimdienstinformationen über iranische Aktivitäten zukommen ließen. Auf diesem Gebiet spielten vor allem Saudiarabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain eine Rolle.

Der mögliche Geheimdienstzugriff der USA auf Internetdaten wird indessen auch in Großbritannien ein politisches Nachspiel haben. Außenminister William Hague wird sich am Montag im Parlament gegenüber Kritikern verteidigen müssen, die vermuten, dass auch der britische Geheimdienst von richterlich nicht angeordneten Zugriffen der NSA profitiert habe. Hague wies am Wochenende solche Vorwürfe als „Nonsens“ zurück. Jede Aktion des Geheimdienstes sei „autorisiert, notwendig und zielgerichtet“ gewesen. Ob auch Großbritannien Daten über das Programm „Prism“ erhalten habe, wurde von der britischen Regierung bisher weder dementiert noch bestätigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2013)

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