Italien-Stichwahlen: Berlusconi kassiert Schlappe

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Die Mitte-Links-Allianz von Premier Letta ist der Sieger der Kommunalwahlen. Auch in der Hauptstadt setzte sich ihr Kandidat durch: "Haben Rom befreit."

Die Stichwahlen in Italien stärken die Demokratische Partei (PD), also die Mitte-Links-Gruppierung um den seit sieben Wochen amtierenden Premier Enrico Letta. Der PD-Bürgermeisterkandidat in Rom, Ignazio Marino, siegte in der Hauptstadt mit 64 Prozent der Stimmen. Der Chirurg und Senator schnitt überraschend gut ab im Vergleich zum scheidenden Amtsinhaber Gianni Alemanno, einem Vertrauensmann von Ex-Premier Silvio Berlusconi. Alemanno musste sich mit 36 Prozent der Stimmen begnügen. Berlusconis Mitte-Rechts-Allianz geht jedenfalls stark geschwächt aus den Stichwahlen: In keiner einzigen der elf Provinzhauptstädte, in denen gewählt wurde, ging ein Vertrauensmann seiner Mitte-rechts-Allianz als Sieger hervor. Immer setzte sich der Kandidat der PD-Partei durch. Insgesamt waren am Sonntag und Montag 4,5 Millionen Wähler dazu aufgerufen, die Bürgermeister in 67 Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern zu wählen.

Der Sieg in Rom wurde von Lettas Demokratischer Partei ausgelassen gefeiert. "Wir haben Rom befreit, jetzt beginnt für die Ewige Stadt eine neue Ära", kommentierte der Mitte-Links-Politiker Nicola Zingaretti, Präsident der Region Lazio mit der Hauptstadt Rom. Glückwünsche erhielt Marino von seinem Vorgänger Walter Veltroni, der in der Drei-Millionen-Metropole von 2001 bis 2008 als Bürgermeister amtiert hatte. "Marinos Wahl zum neuen Bürgermeister ist eine fantastische Nachricht für die Stadt. Endlich geht eine fünfjährige Ära zu Ende, in der Alemanno mit seinen Fehlern und seiner Günstlingswirtschaft die Probleme der Stadt und die schlechte Verwaltung nur noch verschärft hat", kommentierte Veltroni.

"Zeichen der Politikverdrossenheit der Römer"

Alemanno dankte seinen Wählern und machte die niedrige Wahlbeteiligung für seine Niederlage mitverantwortlich. "Ich akzeptiere Marinos Sieg, wir werden im Gemeinderat eine konstruktive und loyale Opposition führen", versicherte Alemanno, der dem Wahlsieger bei einem Telefongespräch zum Wahlerfolg gratulierte. Alemanno, seit fünf Jahren Bürgermeister in Rom, forderte in seinem Mitte-Rechts-Lager eine tief greifende Diskussion über das Wahlergebnis. "Meine Niederlage ist ein klares Zeichen der Politikverdrossenheit der Römer", sagte der scheidende Bürgermeister.

In der vom Skandal um die Traditionsbank Monte dei Paschi erschütterten Stadt Siena im Herzen der "roten" Toskana setzte sich ebenfalls der PD-Kandidat Bruno Valentini mit 52 Prozent der Stimmen durch. Sein Rivale des Mitte-Rechts-Blocks, Eugenio Neri, schaffte es auf 48 Prozent.

Der Lega-Kandidat bei den Bürgermeisterwahlen in Treviso, Giancarlo Gentilini, klagte über seine Niederlage im Duell gegen den Mitte-Links-Bewerber Giovanni Manildo. "Für Lega und Mitte-Rechts-Allianz ist eine Ära zu Ende gegangen. Nach 20 Jahren ziehe ich mich von der politischen Szene zurück", sagte der für seine ausländerfeindlichen Slogans bekannte Ex-Bürgermeister von Treviso. Auch in den einstigen Mitte-Rechts-Hochburgen Imperia in Ligurien und Brescia in der Lombardei musste der Mitte-Rechts-Block eine Pleite hinnehmen.

Niedrige Wahlbeteiligung

Auch bei den Stichwahlen kam es wie bereits beim ersten Wahlgang zu einer hohen Stimmenenthaltung. Lediglich 48,5 Prozent der Wahlberechtigten gaben in den 67 beteiligten Gemeinden ihre Stimmen ab - das waren 11,2 Prozentpunkte weniger als bei dem ersten Wahlgang, bei denen die "Nicht-Wähler" ohnehin schon zur stärksten "Partei" aufgerückt waren. In Rom fiel die Beteiligung auf 44,9 Prozent, was einem Minus von 7,88 Prozent gegenüber dem ersten Wahlgang von zwei Wochen entspricht, berichtete das Innenministerium. Dies wird von politischen Beobachtern als klares Zeichen der starken Politikverdrossenheit gewertet.

Die hohe Stimmenthaltung sei eklatant und bezeuge einmal mehr die Kluft zwischen den Bürgern und dem System der etablierten Parteien, kommentierten politische Beobachter in Rom. Regierungsmitglieder forderten größere Anstrengungen, enttäuschte Bürger zu erreichen. Die Zahlen spiegelten die "schockierende Diskreditierung der Parteien" wider.

Die Stichwahlen überschnitten sich mit Kommunalwahlen auf Sizilien. Gewählt wurde in vier Provinzhauptstädten: Catania, Messina, Ragusa und Siracusa. Auch hier kam es laut vorläufigen Ergebnissen zu einem starken Stimmenzuwachs der Mitte-Links-Kräfte. Der Urnengang ist für Sizilien ein wichtiger Test nach den Regionalwahlen im Oktober, bei denen sich der Anti-Mafia-Politiker und Mitte-Links-Kandidat Rosario Crocetta behauptet hatte, der jetzt als Präsident die Region führt. Er regiert mit der externen Unterstützung der "Fünf Sterne"-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo. Crocetta hat in den vergangenen Monaten Maßnahmen zur Ausgabenreduzierung sowie zum Abbau des regionalen Apparats auf der Insel ergriffen.

(APA)

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