Nil-Staudamm: „Eine Frage von Leben und Tod“

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Mursi(c) REUTERS (HANDOUT)
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Äthiopien plant ein Megakraftwerk am Nil, aber Ägypten droht bei Ausführung mit militärischen Gegenmaßnahmen.

Kairo/M.g. Ägypten ist ein Geschenk des Nils. Das wusste bereits im 5. Jahrhundert vor Christus der griechische Historiker Herodot. Im Land der Pharaonen regnet es praktisch nie. Leben und Wohlstand der heute 85 Millionen Einwohner hängen von den Fluten ab, die der längste Strom der Welt auf dem letzten Viertel seiner 6800 Kilometer langen Strecke mitführt. 95 Prozent der Bevölkerung drängeln sich im Niltal und im Delta.

Jetzt fürchtet Ägypten um sein Wasser. Überrascht musste Kairo mitansehen, wie Äthiopien in einer Nacht-und-Nebel-Aktion begann, den Blauen Nil am Oberlauf umzuleiten. Seitdem gehen die Aktienkurse auf Talfahrt, Ägyptens Außenminister bestellte den äthiopischen Botschafter ein, die Opposition ruft nach dem UN-Sicherheitsrat. Premierminister Hisham Qandil versammelte das Kabinett zu seiner Krisensitzung: „Wasser ist für das ägyptische Volk eine Frage von Leben und Tod.“ Und Präsident Mohammed Mursi drohte: „Wenn auch nur ein Tropfen Nil-Wasser verloren geht, wird unser Blut die Alternative sein.“

Turbinen aus China

Noch greift die Umleitung des Stroms nicht in das Fließgeschehen ein, sie ist aber der erste Schritt für das gigantische „Renaissance“-Staudammprojekt, mit dem Äthiopien dem Sudan und Ägypten einen empfindlichen Teil ihres Wassers abgraben könnte. Der brisante Konflikt begann bereits vor drei Jahren, als Addis Abeba zusammen mit anderen Anrainerstaaten das aus Kolonialzeiten stammende Abkommen über die Verteilung des Nil-Wassers einseitig aufkündigte. Schon damals kochten in Kairo die Emotionen hoch.

Bereits im März 2011, vier Wochen nach dem Sturz von Hosni Mubarak, wurde der Grundstein für den neuen Superdamm nahe der sudanesischen Grenze gelegt, der Auftrag an ein italienisches Konsortium vergeben. Die 16 Turbinen zur Stromerzeugung finanziert China.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2013)

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