UNO fordert späteren Abzug vom Golan

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Golan(c) UN Photo/Wolfgang GREBIEN
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UN-Militärchef Ladsous drängt Österreich, länger auf dem Golan zu bleiben. Ersatz sei erst in sechs bis acht Wochen möglich.

Wien. Die Vereinten Nationen richten einen dringenden Appell an Österreich, die Bundesheersoldaten noch etwas länger auf den syrischen Golanhöhen stationiert zu lassen. „Wir benötigen mehr Zeit. Wir können kaum Ersatzkontingente in weniger als sechs bis acht Wochen finden“, sagte Hervé Ladsous, der für internationale Friedensoperationen zuständige Untergeneralsekretär der UNO, im Telefoninterview mit der „Presse“.

Verteidigungsminister Gerald Klug will die 380 österreichischen Blauhelme in drei bis vier Wochen abziehen. Und an diesem Zeitplan werde auch nicht gerüttelt, wie ein Sprecher Klugs am Dienstag gegenüber der „Presse“ bekräftigt hat. Schon am heutigen Mittwoch werden die ersten Rückkehrer auf dem Flughafen Wien-Schwechat erwartet. Bei den 60 bis 80 Soldaten handelt es sich v.a. um Logistiker.

„Robusteres Mandat nicht nötig“

Für den Militärchef der UNO ist dieses Abzugstempo inakzeptabel. „Österreich muss uns ein besseres Angebot machen“, forderte der Franzose, der in Verhandlungen mit Österreichs Generalstab steht. Ein Staat aus dem Pazifik habe angeboten, für die österreichischen Blauhelme einzuspringen, erklärte Ladsous. Details werde er im Laufe der Woche bekannt geben.

Möglicherweise sind die Fidschi-Inseln bereit, ihr Kontingent aufzustocken. Die dortige Militärdiktatur hat bereits zugesagt, die 95 kroatischen Soldaten zu ersetzen, die im März ihre Golan-Mission abrupt beendet haben. Die Blauhelme aus dem Südpazifik sollten bereits in Syrien sein. Laut Ladsous werden sie in 14 Tagen eintreffen.

„Wir werden alles unternehmen, um die Golan-Mission am Leben zu erhalten“, sagte der UN-Untergeneralsekretär. Denn es sei in niemandes Interesse, dass in der ohnehin turbulenten Region der Golan wieder zwischen Syrien und Israel umkämpft wäre. Ein robusteres Mandat hält Ladsous nicht für notwendig. „Wir können das Truppenentflechtungsabkommen zwischen Israel und Syrien aus dem Jahr 1974 nicht einfach umschreiben“, sagte er.

Die UNO sei nach wie vor in der Lage, ihr Beobachtermandat auf dem Golan zu erfüllen – trotz der Kämpfe, die seit dem 1.Mai 2012 zwischen syrischen Rebellen und syrischer Armee in der entmilitarisierten Zone an der Grenze zu Israel toben. „Wir haben Maßnahmen ergriffen, um das Risiko zu mindern“, sagte Ladsous. Es gebe weniger Patrouillen, und es seien auch Beobachtungsposten geschlossen worden. Dem österreichischen Verteidigungsministerium gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Im Gespräch mit der „Presse“ warf ein Offizier den Vereinten Nationen vor, zu spät, zu wenig oder gar nicht auf die veränderte Sicherheitssituation auf dem Golan reagiert zu haben. Die Liste der Beschwerden ist lang: Die UNO habe es verabsäumt, den Truppenschutz in ausreichendem Maße zu erhöhen und die Einsatzregeln zu verschärfen. Gepanzerte Fahrzeuge seien noch immer nicht im versprochenen Umfang auf dem Golan angelangt, erklärte der Bundesheeroffizier, der nicht namentlich genannt werden wollte.

Bundesheer beschwert sich bei UN

Nachschubmaterial müsse man über den gefährlichen Weg via Beirut durch Syrien transportieren, anstatt, so wie rotierendes Personal, durch Israel und das B-Gate auf dem Golan. Das UN-Hauptquartier habe sich schlicht zu wenig dafür eingesetzt, dass die syrische Regierung dieser Versorgungsroute zustimme. Wegen mangelnder Unterstützung der UNO seien die österreichischen Soldaten zudem noch immer nicht mit Helmkameras, Nachtsichtgeräten und Störsendern (Jammern) ausgerüstet, heißt es beim Bundesheer.

Alles in allem habe die UNO zu lange gebraucht, um die neuen militärischen Erfordernisse auf dem Golan zu definieren. Eine diesbezügliche Studie sei viel zu spät durchgeführt worden. Diverse Sicherheitsverbesserungen können deshalb erst in der zweiten Jahreshälfte erzielt werden. Dann, wenn die Österreicher nach 39 Jahren den Golan bereits verlassen haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2013)

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