Silvios „Rachegöttinnen“

Silvios Berlusconi
Silvios Berlusconi(c) REUTERS (ALESSANDRO GAROFALO)
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Das Mailänder Gericht, das gestern über Berlusconi urteilte, bestand ausschließlich aus Frauen.

Rom/D.s. „Das Urteil ist bereits geschrieben, diese drei Frauen werden mir alles Erdenkliche und noch viel mehr vorwerfen“, hat der italienische Ex-Premier schon am Samstag während einer privaten Hochzeitsfeier zu Vertrauten gesagt. „Das wird böse enden.“

Der Umstand, dass in dem Mailänder Strafgericht ausschließlich Frauen über den ewigen Weiberhelden Berlusconi zu Gericht sitzen würden, hatte jedoch schon im Vorfeld zu hämischen Kommentaren geführt. Die katholische Zeitung „Famiglia cristiana“ fühlte sich an Nemesis erinnert, die griechische Rachegöttin, die Herzensbrecher bestraft: „Du, Berlusconi, der du dich der Frauen bedient hast, und zwar auf üble Weise, über dich werden Frauen zu Gerichte sitzen“, schrieb das Blatt, als die Namen des Richterinnengremiums vor zwei Jahren bekannt wurden.

Damit nicht genug: Auch die Chefanklägerin im Bunga-Prozess, Ilda Boccassini, war eine Frau, und sogar die Voruntersuchung hatte schon in weiblichen Händen gelegen: Der Überweisungsbeschluss an das urteilende Gericht trug die Unterschrift von Untersuchungsrichterin Cristina De Censo.

Vor allem Staatsanwältin Boccassini, von Berlusconi aufgrund ihrer Haarfarbe und wegen ihrer angeblichen politischen Orientierung nur „die rote Ilda“ genannt, hat in ihrem Plädoyer mächtig auf die Pauke gehauen und von einer systematischen Prostitution zur Befriedigung der sexuellen Wünsche des damaligen Ministerpräsidenten gesprochen.

Einige der treuesten Amazonen Berlusconis, wie die PDL-Abgeordnete Jole Santelli, argwöhnten im Vorfeld des Ruby-Prozesses, dass die rein weibliche Zusammensetzung des Gerichts „wohl kein Zufall“ sei. Doch dies ist Unsinn: Die urteilende Strafkammer wird den Angeschuldigten in Italien per Computer zugelost.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2013)

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