ElBaradei und der Sturm der Islamisten

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Die schweren Zusammenstöße in Ägypten halten an. ElBaradei wurde zum neuen Regierungschef ernannt.

„Das läuft auf eine Kriegserklärung gegen den Islam hinaus.“ Mit diesen Worten gab am Wochenende eine neue radikale Gruppe in Ägypten ihre Gründung im Internet bekannt. Ansar al-Scharia kündigte an, sich für das islamische Recht – die Scharia – einzusetzen. Notfalls mit Gewalt. Drei Tage nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi formiert sich der Widerstand gegen die Militärmachthaber. Islamistische Gruppen wie Ansar al-Scharia sammeln Waffen und bereiten einen Sturm gegen staatliche Einrichtungen vor.

Wie dies funktionieren soll, zeigten islamistische Aktivisten in der Nacht auf Samstag vor. Sie erstürmten den Sitz des Gouverneurs der Provinz Nord-Sinai in Al-Arish. Die Sicherheitskräfte griffen nicht ein – aus Sympathie oder aus Angst, weiteres Blutvergießen zu verantworten. Denn bereits zuvor war es in Luxor und Kairo zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Mursi und Befürwortern eines Machtwechsels gekommen. Mindestens 30 Menschen kamen bei den Straßenkämpfen ums Leben, 1100 wurden verletzt. Die Kairoer Innenstadt glich am Samstag einem Trümmerfeld.

Islamistische Gruppen versuchten am Wochenende in der Hauptstadt Kairo einzelne Häuser und Straßen in ihre Gewalt zu bringen, um von hier aus den weiteren Widerstand gegen die neue Führung zu organisieren. Rund um die Universität haben auch Muslimbrüder Barrikaden errichtet. Die islamische Organisation hatte zwar zum „friedlichen Protest“ gegen den Sturz Mursis aufgerufen. Doch ihr spiritueller Führer, Mohammed Badie, schreckte zuletzt vor zweideutigen Schlachtrufen nicht zurück: „Möge Gott die Feinde des Islam zerstören!“

Die Fronten haben sich verhärtet

Auch Vertreter der christlichen Minderheit sind erneut Ziel von Gewalt geworden. Im Norden des Sinai wurde ein koptischer Priester erschossen. Er hatte zuvor Mursis Sturz öffentlich begrüßt.

Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei wurde gestern zum Chef der Übergangsregierung ernannt. Der ehemalige Chef der UN-Atomenergiebehörde IAEA wurde von Interimspräsident Adli Mansur zum Präsidentenpalast geladen. In einem BBC-Interview bezeichnete ElBaradei die Intervention des Militärs als „schmerzhafte Maßnahme“, die zur „Vermeidung eines Bürgerkriegs“ notwendig gewesen sei. Die Armee wolle das Land nicht lange führen, sondern die Macht binnen Wochen an eine zivile Regierung übergeben. ElBaradei betonte auch, dass die Muslimbrüder von einer Neuwahl nicht ausgeschlossen werden sollten. Sie müssten Teil des parlamentarischen Prozesses bleiben.

ElBaradei gilt in Ägypten als gemäßigter Reformer. Aus Militärkreisen hieß es kurz nach dem Umsturz, er sei „unsere erste Wahl“ als nächster Regierungschef.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2013)

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