Israel: Palästinenserführung unzufrieden mit Kerry-Plan

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Die Friedensinitiative des US-Außenministers droht am Widerstand der Palästinenser zu scheitern. Am Nachmittag trifft Kerry erneut Abbas.

Die Initiative von US-Außenminister John Kerry zur Wiederbelebung des Nahostfriedensprozesses steht womöglich kurz vor dem Scheitern. In der palästinensischen Führung wurde am Donnerstag breite Unzufriedenheit mit dem vorliegenden Entwurf eines Rahmenplans laut, den Kerry und Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas an den Vortagen in der jordanischen Hauptstadt Amman verhandelt hatten.

Um den Friedensprozess doch noch zu retten, will Kerry am Nachmittag erneut den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas treffen

Der palästinensische Parlamentsabgeordnete Mustafa Barghuti (Barguti) hatte zuvor gesagt, während der Beratungen der Palästinenser-Gremien hätten sich die "meisten Fraktionen gegen einen Verhandlungsbeginn auf Basis der vorliegenden Vorschläge Kerrys ausgesprochen". Das PLO-Exekutivkomitee unterbrach seine Beratungen und wollte am Abend erneut zusammenkommen.

Nach einer Sitzung des Zentralkomitees der Fatah von Abbas teilte Generalsekretär Amin Magbul mit, seine Partei werde in der PLO darauf dringen, Änderungen am Kerry-Plan zu verlangen. "Die wichtigste Forderung ist, dass Kerry explizit dazu aufruft, Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung auf Basis der Grenzen von 1967 zu führen", sagte Magbul.

"Der wichtigste Punkt im Kerry-Plan ist eine Wiederaufnahme der Verhandlungen, ohne totalen Stopp des Siedlungsausbaus", erläuterte ein Mitglied der PLO-Führung auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. Die von Kerry gewählte Formel zur Eröffnung der Direktgespräche berufe sich aber auf eine Rede, von US-Präsident Barack Obama an 19. Mai 2011 vor dem US-Kongress, berichtete der PLO-Vertreter. Obama hatte seinerzeit erstmals die Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 als Basis für eine Friedenslösung genannt.

Kerrys Rahmenplan enthält nach Angaben aus der PLO-Führung zudem "das Recht, dass jede Seite Vorbehalte zu den Ausgangspositionen äußern kann. So wird (der israelische Regierungschef) Benjamin Netanyahu den Grenzen von 1967 widersprechen und die Palästinenser werden Israel nicht als Jüdischen Staat anerkennen", berichtete der PLO-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Was den Siedlungsbau angehe, "soll sich Israel nun zur Zurückhaltung bei den Siedlungen im Westjordanland verpflichten, wobei drei große Siedlungsblöcke und Ostjerusalem davon ausgenommen sind". Dabei handelt es sich nach diesen Angaben um die Großsiedlungen Ariel, Gush Ezion und Maale Adumim.

Rechtliche Schritte möglich

Zugleich sehe der Plan aber vor, dass es der Palästinensischen Autonomiebehörde im Falle einer Fortführung des Siedlungsbaus freigestellt sei, sich trotz Direktverhandlungen weiter um die Aufnahme in internationale Organisationen zu bemühen. Auf diese Art könnte sie auch rechtliche Schritte auf internationaler Ebene gegen die israelische Siedlungspolitik einleiten, erläuterte der PLO-Vertreter.

Kerry hatte sich am Mittwochabend noch verhalten optimistisch geäußert. "Wir nähern uns weiterhin an, und ich bleibe hoffnungsvoll, dass sich beide Seiten an einen Tisch setzen werden", sagte er. Es gebe allerdings noch einige Punkte und Formulierungen, die geklärt werden müssten. Am Donnerstag sagte seine Sprecherin Jennifer Psaki, es sei gegenwärtig nicht geplant, dass der US-Außenminister vor seiner Abreise die Wiederaufnahme direkter Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern verkünden werde. Kerry hatte seine Heimreise von Donnerstag auf Freitag verschoben.

Die Arabische Liga hatte Kerrys Plan hingegen gutgeheißen und Abbas damit faktisch grünes Licht für Verhandlungen mit Israel erteilt. "Kerrys Ideen, insbesondere die politischen, wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Elemente, (...) schaffen eine gute Basis und eine günstige Atmosphäre für die Wiederaufnahme von Verhandlungen", hatte die Organisation mitgeteilt.

Israel lehnt die von Abbas genannten Vorbedingungen für Gespräche wie die Anerkennung der Grenzen von 1967 als Grundlage von Verhandlungen, einen vollständigen Siedlungsstopp sowie die Freilassung palästinensischer Langzeithäftlinge ab. In der siedlerfreundlichen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gibt es großen Widerstand gegen die Zwei-Staaten-Lösung, die einen in Frieden neben Israel lebenden Palästinenserstaat vorsieht.

(APA/AFP/dpa)

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