Nacht der Gewalt erschüttert Kairo - Dutzende Tote

EGYPT OUSTED PRESIDENT MORSI BACKERS AND OPPONENTS PROTESTS
EGYPT OUSTED PRESIDENT MORSI BACKERS AND OPPONENTS PROTESTSEPA
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Ägyptens staatliche Nachrichtenagentur berichtet von mindestens 75 Toten. Der entmachtete Präsident Mursi soll inzwischen in das selbe Gefängnis wie Mubarak überstellt werden.

Bei Zusammenstößen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo Samstag früh hat es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. CNN berichtete unter Berufung auf ägyptische Staatsmedien, es seien mindestens 75 Menschen getötet worden. Unzählige Menschen wurden verletzt. Ein Sprecher der Muslimbrüder, Gehad el-Haddad, sagte, die Opferzahl könnte noch viel höher sein. Das ägyptische Programm des TV-Senders Al-Jazeera berichtet von 120 Toten. Von den Sicherheitskräften lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Mursi soll in gleiches Gefängnis wie Mubarak kommen

Der ägyptische Innenminister Mohammed Ibrahim berichtete am Samstag bei einer Pressekonferenz, dass der entmachtete und festgenommene ägyptische Präsident Mohammed Mursi in das Gefängnis überstellt werde, in dem dessen Vorgänger Hosni Mubarak einsitzt. Gegen die Pro-Mursi-Proteste werde in Kürze - "so Gott will" - auf Grundlage einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft vorgegangen werden, fügte er hinzu. Eine Eskalation ist also nicht auszuschließen.

Diese Eskalation gab es nach den Muslimbrüdern zufolge schon am Freitag Abend: Die Sicherheitskräfte sollen am Rande einer 24-Stunden-Wache von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mursi das Feuer eröffnet haben. Der Sprecher der Muslimbrüder sagte weiter, die Sicherheitskräfte hätten gezielt auf Anhänger des entmachteten Präsidenten geschossen. "Sie schießen nicht, um zu verletzen, sie schießen, um zu töten", sagte der Sprecher.

Nach Angaben der Mursi nahestehenden Muslimbrüderschaft wurden Demonstranten in Kopf und Brust geschossen. Zunächst habe die Polizei in der Nacht mehrfach Tränengas eingesetzt. Dann hätten Sicherheitskräfte aus nächster Nähe auf Menschen geschossen, sagte El-Haddad. Reporter am Ort des Geschehens sagten, auch Stunden nach Beginn der heftigen Unruhen seien noch Schüsse zu hören gewesen.

In der Hafenstadt Alexandria meldete das Gesundheitsministerium sieben Tote bei Kämpfen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. Bereits am Freitag war es zu erneuten Zusammenstößen gekommen. Dabei hatte es neun Tote und 200 Verletzte gegeben. Die meisten Toten gab es in Alexandria, der zweitgrößten Stadt des Landes.

Tränengas und Steine

Die amtliche Nachrichtenagentur MENA berichtete, die Polizei habe auf der Straße zum Kairoer Flughafen im Morgengrauen Tränengas auf steinewerfende Demonstranten gefeuert. Es seien Schrotgewehre abgefeuert worden, doch sei unklar, wer dafür verantwortlich sei. Ein Anführer der Muslimbruderschaft, Murad Mohammed Ali, erklärte dagegen, die Polizei habe mit scharfer Munition auf die Demonstranten geschossen. Mehr als 600 Menschen seien verletzt worden.

Die Anhänger Mursis wollen mit den Dauerprotesten erreichen, dass der am 3. Juli vom Militär gestürzte Präsident wieder eingesetzt wird. Am Freitag war die ohnehin angespannte Lage weiter angeheizt worden, als die Justiz eine zweiwöchige Untersuchungshaft gegen Mursi anordnete. Dies sei ein "böswilliger Versuch", die öffentliche Meinung in dem Land zu "provozieren", erklärte daraufhin das Mursi-Lager. Der Haftbefehl solle offenbar die Demonstrationen für Mursi von ihrem "friedlichen Charakter abbringen". Die Justiz in Kairo begründete die Anordnung der Untersuchungshaft mit dem Verdacht einer Verschwörung mit der palästinensischen Hamas und dem Vorwurf der Beteiligung an einem gewaltsamen Gefängnisausbruch.

(APA/Reuters)

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