Wie Berlusconis Leben "zur Hölle" werden könnte

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Bei einer Verurteilung würden die verhassten "roten Richter" über jeden Schritt des italienischen Ex-Premiers bestimmen können.

Vor dem „Palazzaccio" - dem Gebäude des Kassationsgericht in Rom - tummeln sich in brütender Hitze Reporter aus der ganzen Welt. Sie alle warten gespannt auf das letztinstanzliche Urteil im Prozess wegen Steuerbetrugs gegen Silvio Berlusconi. Vom Ex-Premier hingegen ist seit Tagen keine Spur. Er harrt in seiner römischen Luxusresidenz aus, dem Palazzo Grazioli. Hier wartet er, umringt von seinen engsten Vertrauten, auf den Spruch, der seine politische Karriere besiegeln könnte.

Doch was droht dem Mann, der das Nachkriegsitalien wie kaum ein anderer geprägt hat? Hier vier Szenarien:

1. Die Kassationsrichter bestätigen das Urteil: Berlusconi wird zu vier Jahren Haft und einem dreijährigen Verbot der Ausübung politischer Ämter verurteilt: Die Haftstrafe wird bei diesem Delikt automatisch auf ein Jahr reduziert, aufgrund der überfüllten Gefängnisse in Italien. Ins Gefängnis muss der Ex-Premier bestimmt nicht. Auch aufgrund seines Alters (76) wird er sich aussuchen können, ob er unter Hausarrest stehen oder von einem Sozialarbeiter betreut werden will. Das wird das Leben des bisher mächtigsten Mannes des Landes dramatisch verändern: Ausgerechnet die von ihm so gehassten „roten Richter" werden dann entscheiden, wie groß seine Freiheit sein wird. Sie werden darüber bestimmen, wie oft und ob er Reisen kann, wann und wenn er treffen kann, ob er mit Journalisten sprechen darf. Berlusconi wird nicht an politischen Veranstaltungen und Demonstrationen teilnehmen dürfen. Für den Mann, der alles durfte, „wäre das die Hölle", schreibt „La Repubblica".

Über das Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter - also das Ende seines Mandates als Senator - muss im italienischen Oberhaus abgestimmt werden. Das könnte wegen der politischen Brisanz des Urteils einige Zeit in Anspruch nehmen. Es ist zu erwarten, dass Berlusconi und seine Anhänger diese Zeit nützen werden, um gegen das „politische Urteil" zu wettern und sogar die Regierung zu Fall bringen.

2. Die Kassationsrichter bestätigen die Haftstrafe, nicht aber das Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter. Symbolisch mag das ein Mini-Erfolg für Berlusconi bedeuten, de facto wird sich aber dadurch wenig für ihn ändern. Während seiner einjährigen Zeit im Hausarrest wird er wohl kaum sein öffentliches Mandat ausüben können - wegen der von der Justiz verhängten Begrenzungen (siehe oben). Zu erwarten ist aber danach ein umso „radikaleres" politisches Comeback des Medienmagnaten. Ein Sturz der Regierung bleibt wahrscheinlich.

3. Freispruch (eher unwahrscheinlich). Berlusconi würde das als Beweis dafür verkaufen, dass er jahrelang von einer „unfairen, politisierten" Justiz verfolgt würde. Seine Position in der Bevölkerung wäre gestärkt. Die Regierung Letta wäre zwar gerettet, allerdings in Geiselhaft eines noch mächtigeren Berlusconi.

4. Urteil wird verschoben (eher unwahrscheinlich): Die von Berlusconis angestrebte Verjährung des Prozesses würde damit wahrscheinlich.

Berlusconi jedenfalls hat bereits angekündigt, dass nach dem Urteil „alles anders wird. Ganz egal, was die Richter bestimmen. Ich denke sogar an Rückzug." Darüber hat der Multimilliardär aber in den vergangenen Jahren schon sehr oft laut nachgedacht - daraus geworden ist allerdings noch nie etwas.

(basta.)

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