Napolitano mahnt zu Respekt für Justizurteile - Protestpolitiker Grillo feiert "Fall der italienischen Mauer"
Die Rechtsanwälte von Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi haben empört auf das Urteil des Kassationsgerichts reagiert, mit dem ihr Mandant rechtskräftig zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Steuerbetrugs verurteilt worden ist. Die drei Verteidiger Franco Coppi, Nicolo Ghedini und Piero Longo erklärten sich wegen des Urteils "erschüttert". Sie kündigten in einer Presseaussendung Rechtsschritte auch auf europäischer Ebene an, damit das Urteil widerrufen werde.
Staatschef Giorgio Napolitano rief indes die politischen Kräfte zu Respekt für die Justizbeschlüsse auf. Niemand dürfe die in der Verfassung verankerte Autonomie des Justizsystems in Frage stellen, meinte Napolitano. Er bezog sich somit indirekt auf Proteste aus Berlusconis Mitte-rechts-Lager wegen der Verurteilung des Medienzaren.
Die Südtiroler Parlamentarierin und Staatssekretärin Michaela Biancofiore reichte aus Solidarität zum TV-Tycoon ihre Demission ein. "Wie ich bereits angekündigt habe, verzichte ich auf mein Mandat. Berlusconi, der mich zur Staatssekretärin in der Regierung Letta vorgeschlagen hat, wird über meine Demission entscheiden", sagte die Parlamentarierin. Es sei skandalös, dass Berlusconi als Unschuldiger verurteilt worden sei.
Der Gründer der Fünf Sterne-Bewegung, Beppe Grillo, verglich Berlusconis Verurteilung mit dem Fall der Berliner Mauer. "Die Berliner Mauer hat Deutschland 28 Jahre lang geteilt. Berlusconi hat 20 Jahre lang die italienische Politik vergiftet und lahmgelegt, um sich der Justiz zu entziehen. Eine italienische Mauer hat uns von der Demokratie getrennt, doch diese Mauer ist jetzt eingestürzt", so Grillo. Er führt die drittstärkste Partei im italienischen Parlament.
(APA)