Montenegro: Bombenanschlag auf Journalisten

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Auf den Wagen von Tufik Softić von der Zeitung "Vijesti" wurde eine Bombe geworfen. Es ist die achte Attacke auf einen Journalisten seit 2004.

Auf einen montenegrinischen Journalisten der regimekritischen Tageszeitung „Vijesti" wurde am Sonntagabend ein Bombenanschlag verübt. Gegen 22 Uhr wurde eine Bombe auf den vor dem Wohnhaus des Journalisten Tufik Softić geparkten Wagen geschleudert und explodierte kurz vor dem Pkw. Der Journalist befand sich mit seiner Frau und den Kindern im Haus, es wurde niemand verletzt. Anfangs dachten die Behörden es sei nur eine Bombenattrappe. Doch dies wurde später dementiert: Es handelte sich um einen TNT-Sprengstoffsatz.

Bereits vor sechs Jahren, im November 2007, wurde Tufik Softić von zwei Personen mit Tarnmützen vor seiner Haustür krankenhausreif geprügelt. Seit 2007 gab es, den aktuellen Anschlag auf Softić inbegriffen, insgesamt sieben Übergriffe auf Mitarbeiter der Tageszeitung „Vijesti". Verganenes Jahr erst wurde der Mitarbeiterin Olivera Lakić mit einigen Schlägen auf den Kopf eine Gehirnerschütterung zugefügt. Der Täter wurde identifiziert und zu neun Monaten Gefängnis verurteilt; das Motiv wurde jedoch nicht geklärt.

Todesdrohungen via Email

Ein Aufsehen erregender Vorfall ereignete sich 2009, als der "Vijesti"-Chefredakteur, Mihailo Jovović, und sein Fotograf von dem Bürgermeister der Hauptstadt Podgorica, seinem Sohn und einem Bodyguard angegriffen wurden, als sie deren gesetzwidrig geparkten Wagen fotografierten. Der Sohn von Bürgermeister Miomir Mugoša wurde drei Jahre nach dem Vorfall zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Zudem wurden bereits vier Dienstwagen der Zeitung in drei Anschlägen durch Zündbomben zerstört. 2010 bekamen fünf „Vijesti"-Mitarbeiter Todesdrohungen via Email. Die bisher drastischste Attacke auf regimekritische Journalisten in Montenegro war der Mord am Chefredakteur des Oppositionsblattes "Dan", Duško Jovanović, im Mai 2004.

„Wir vermuten, dass kriminelle Gruppen hinter dem Anschlag auf Softić stehen. Ebenso müssen auch Mitglieder des Sicherheitsapparates und des Geheimdienstes involviert sein. Das erklärt, warum bis dato keiner der Fälle je wirklich aufgeklärt wurde", sagt der stellvertretende Chefredakteur von „Vijesti" Nedeljko Rudović auf Anfrage von "DiePresse.com". Nach dem Anschlag auf Softić rief Innenminister Raško Konjević den Journalisten persönlich an, um seine Anteilnahme an dem Fall zu bekunden. Für Chefredakteur Rudović zählt diese Geste aber nur, wenn den Worten auch Taten folgen: „Wenn diese Angelegenheit nicht geklärt wird, dann bedeutet das, dass die Zuständigen entweder hilflos oder Teil der organisierten Kriminalität sind. Wenn das so weitergeht, wird bald nur das Gesetz des Stärkeren herrschen."

Im Jahr 2011 befragte das Zentrum für Demokratie und Menschenrechte (CEDEM) montenegrinische Journalisten zur Lage der Pressefreiheit. 55 Prozent der befragten Journalisten bewerteten die Situation damals negativ. Die Medienfreiheit werde nach Meinung von Journalisten vor allem durch den Druck der Behörden, die schlechte Wirtschaftslage der Medien, aber auch durch die niedrigen Löhne in der Branche eingeschränkt.

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