Dritter Prozesstag. Der in Ungnade gefallene Spitzenfunktionär Bo Xilai muss sich wegen Korruption und Amtsmissbrauch vor Gericht verantworten.
Jinan. Der ehemalige Spitzenpolitiker der chinesischen Kommunistischen Partei (KP), Bo Xilai, hat vor Gericht eine Mitschuld eingestanden. Er habe gewusst, dass seine Frau Gu Kailai mit Behördenvertretern über den Transfer von Regierungsgeldern gesprochen habe. Er habe weder eingegriffen, noch das Geld zurückbezahlt – und dafür schäme er sich, so Bo. Es soll sich um einen Betrag von über 600.000 Euro handeln. Das Geld stammt offenbar von einem staatlichen Bauprojekt.
Zuvor sagte ein Zeuge aus, dass er ein Gespräch zwischen Bo und seiner Frau in den 1990er-Jahren mitgehört habe. Demnach habe Bo seine Frau angewiesen, das Geld anzunehmen. Bo weist den Vorwurf zurück: Nicht einmal der dümmste Beamte würde über Korruption am Telefon reden. „Ich bin ziemlich vorsichtig“, wird Bo in Medienberichten zitiert. Er sei bekannt dafür, seine Gesprächspartner anzuweisen, ihre Handys auszuschalten.
Die Anklage gegen Bo geht aber über diesen Fall hinaus. Der Politiker soll während seiner Laufbahn Bestechungsgelder von 2,5 Millionen Euro angenommen haben. Er weist das zurück. Während des Prozesses, der am Donnerstag in der ostchinesischen Stadt Jinan begonnen hat, zeigte sich der Angeklagte angriffslustig. Er warf den Zeugen Falschaussage vor und bezeichnete seine Frau als „verrückt“.
Seine Frau Gu Kailai wurde nach dem Mord am britischen Geschäftsmann Neil Heywood zu lebenslanger Haft verurteilt. Bo habe an ihre Unschuld geglaubt, sagte er nun vor Gericht. Und: Er habe seine Macht nicht missbraucht, um den Mord zu decken.
Der Fall Bo Xilai hat die KP in eine tiefe Krise gestürzt. Bo ist der Sohn eines Revolutionärs – damit war ihm eine steile Karriere innerhalb der Partei sicher. Bo galt als Vertreter des linken KP-Flügels. Für seine Anhänger ist der Prozess eine Abrechnung mit seiner Politik, angetrieben vom wirtschaftlich orientierten Flügel der Partei.
Unterdessen gerät die Anklage unter Beschuss. Cheng Li vom US-Forschungsinstitut Brookings Institutions sagte gegenüber CNN: „Die Anklage ist sehr schwach.“ Bisher sei die Beweislage dünn, sagen Kritiker.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2013)