Deutsches TV-Duell: Steinbrück verspielt seine Chance

TVDuell Merkel Steinbrueck
TVDuell Merkel Steinbrueck(c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)
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Das einzige große TV-Duell galt als letzte Möglichkeit für den SPD-Kanzlerkandidaten, das Ruder noch herumzureißen. Doch Merkel hielt den Attacken stand.

Es ist wohl seine letzte Chance – und Peer Steinbrück muss sie nutzen: Mit dieser dramatischen Vorschau schürten die vier beteiligten Fernsehsender die Neugier vor dem einzigen großen TV-Duell im deutschen Wahlkampf.

Am Sonntagabend trafen Angela Merkel und ihr sozialdemokratischer Herausforderer eineinhalb Stunden lang aufeinander. Das Duell war der angekündigte Höhepunkt in einem merkwürdig windstillen Wahlkampf. Die Kanzlerin ist die klare Favoritin für die Bundestagswahl in drei Wochen. Der SPD-Kandidat aber war der inoffizielle Favorit des Duells – mit dem Startvorteil des Außenseiters, der wenig zu verlieren, aber alles zu gewinnen hat.

Hat er seine Chance genutzt? Ein klarer Sieg ist ihm nicht gelungen. Eine knappe Mehrheit der Zuschauer fand Merkel nach der Halbzeitbilanz sogar insgesamt überzeugender. Sie attestiertem dem Herausforderer zwar, deutlich „angriffslustiger“ zu sein, die Amtsinhaberin habe aber „die besseren Argumente“ und sie kam „sympathischer“ rüber.

Dabei erwies sich der Sozialdemokrat einmal mehr als rhetorisch gewandter, seine Sprache als bildhaft und lebendig. Er höhnte über  eine Regierung, die „ohne Richtung im Kreisverkehr fährt“, dem armen Griechenland „die Konsolidierungskeule um den Kopf haut“, „die Krisenstaaten aufs Krankenlager nagelt“ und sie „in einem Teufelskreis nach unten zieht“. Die Wahlversprechen der Christdemokraten seien „bunte, leere Schachteln in der Auslage“. Merkel schwärme von einer „Liebesheirat“ mit der FDP, dabei seien die „Scheidungsanwälte vier Jahre lang auf und ab gelaufen“.

Da hört man amüsiert zu. Und versteht, warum Merkel ein zweites Aufeinandertreffen, das sich Steinbrück gewünscht hatte, vehement ablehnte. In ihren Auftritten meidet sie sogar das Wort „Steinbrück“ wie der Teufel das Weihwasser.

Aber auch Merkel war gut in Form. Sie lavierte nicht herum, „lullte“ die Zuschauer auch nicht ein, wovor ihr Gegner frech gewarnt hatte. Nur beim Thema NSA-Affäre kam sie leicht ratlos ins Schleudern: Beim Datenschutz habe eben jedes Land „seine eigenen Dinge“, hieß es da wenig eloquent. Aber Merkel überzeugte durch eine gelassene und gelöste Körpersprache, während Steinbrück mit starrer Miene die Zähne fletschte.

Und Fehler machte. Ob Politiker in Deutschland zu wenig verdienen? „Glauben sie ernsthaft, dass ich noch einmal im Leben auf diese Frage antworte?“ fiel dem Meister der Fettnäpfchen dazu nur ein. Klartext sieht anders aus. Die Kanzlerin blieb die Antwort nicht schuldig und sammelte mit einem schlichten „Natürlich nicht“ Punkte. Im Übrigen zeigte sie vor, wie man linken Kontrahenten den Wind aus den Segeln nimmt.

Natürlich sei es eine „Katastrophe“, wie viel dem Staat durch die Steuerflucht verloren gehe. Natürlich wurde die Leiharbeit „massiv missbraucht“, aber das sei ja längst geregelt. Und natürlich sei jeder „Aufstocker“, der weniger als die Mindestsicherung verdient, „einer zu viel“. Schöner kann es kein Sozialdemokrat sagen.

So blieb Steinbrück der klare Durchbruch verwehrt. Merkels Union aus CDU und CSU liegt laut Umfrage bei 39 Prozent, die SPD nur bei 23 Prozent – das ist nicht mehr als bei der letzten Wahl von 2009, wo die SPD eine historische Niederlage erlitten. Die Grünen kommen auf elf Prozent, die FDP auf sechs. Damit liegt auch die rot-grüne Alternative deutlich hinter dem Regierungslager. Bei der Beliebtheit der Kanzlerkandidaten beträgt Merkels Vorsprung sogar 26 Punkte. Dennoch gibt Steinbrück vor, weiter an den Sieg zu glauben: „Ich bin ins Gelingen verliebt“.

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